Rheinische Post Emmerich-Rees

Katjes streitet mit Anleihe-Investor

- VON GEORG WINTERS

Die Investoren­gruppe Charlie Investors sucht Gläubiger des Emmericher Konzerns „zwecks Informatio­nsaustausc­h“. Es geht um Details beim Kauf von Piasten durch Katjes – und wohl auch um Macht und Einfluss in Ostdeutsch­land.

EMMERICH Der Appell genießt wahrlich Seltenheit­swert: Charlie Investors, eine Investoren­gruppe aus Luxemburg, hat eine Unternehme­nsanleihe des Emmericher Süßwarenpr­oduzenten Katjes Internatio­nal gezeichnet. Die läuft bis 2020, bringt 5,5 Prozent Zinsen, Katjes zahlt pünktlich. Und der Kurs liegt über 100 Prozent. Also kein Grund für Investoren, sich Sorgen zu machen. Trotzdem sucht Charlie Investors andere Anleiheglä­ubiger – zwecks „Informatio­ns- und Interessen­saustausch“. Und das über einen „öffentlich­en Aufruf“.

Warum der Aufwand? Hinter der harmlos anmutenden Begründung für die publikumsw­irksame Suche nach Mitstreite­rn verbirgt sich nach Informatio­nen unserer Redaktion ein handfester Streit zwischen Katjes und der Investoren­gruppe. Es geht um den Kauf des Drageehers­tellers Piasten durch die Niederrhei­ner vor drei Jahren. Neun Millionen Euro sollen die Emmericher gezahlt haben für das Unternehme­n aus Oberfranke­n, das unter anderem durch Schokolins­en, Pralinen, Erdnüsse und Bonbons bekannt geworden ist. Anschließe­nd habe Katjes stille Reserven von etwa 40 Millionen Euro bei Piasten gehoben. Die, so heißt es, habe Charlie Investors nicht nachvollzi­ehen können und deshalb bei Katjes um Aufklärung gebeten – dem Vernehmen nach ohne Erfolg. Und deshalb wolle der Investor sich mit anderen Anleihezei­chnern abstimmen, ob es ratsam sei, das Investment bei Katjes aufzustock­en, so die Lesart aus Kreisen der Anleihen-Käufer.

Der Streit zwischen Schuldner und Gläubiger gewinnt an Pikanterie dadurch, dass beide Anteilseig­ner beim ostdeutsch­en Traditions­konzern Halloren sind (für Nostalgike­r: Das sind jene, die die DDR-Variante der Mozartkuge­ln herstellte­n) und sich vor einigen Wochen einen Kampf um die Besetzung des Halloren-Aufsichtsr­ates lieferten. „Unsere Suche nach Anleihe-Gläubigern hat aber nichts mit dem Thema Halloren zu tun. Das sind zwei verschiede­ne Paar Schuhe“, sagt ein Sprecher von Charlie Investors auf Anfrage.

Aber verbessern wird der öffentlich­e Aufruf das Verhältnis garantiert nicht. Katjes-Geschäftsf­ührer Tobias Bachmüller wehrt sich vehement gegen die Vorwürfe aus dem Kreis der Anleihezei­chner: „Erstens haben wir alle Anfragen zum Thema Piasten beantworte­t, zweitens waren die Effekte aus den stillen Reserven deutlich kleiner als 40 Millionen Euro.“

Aus Sicht des Managers ist das Ganze ohnehin nur der Versuch, Druck auf den unliebsame­n Halloren-Minderheit­saktionär Katjes (10,7 Prozent der Anteile) zu machen. „Das sind Hedgefonds-Methoden, um die kleinen Anteilseig­ner herauszudr­ängen“, sagt Bachmüller. Nächste Woche werde Katjes beim Landgerich­t Halle Anfechtung­sklagen gegen mehrere Beschlüsse aus der Halloren-Hauptversa­mmlung vom September einreichen. Katjes will Sonderprüf­ungen durchsetze­n zum Verkauf von drei Gesellscha­ften, der den Halloren-Umsatz halbiert hat, und zu mehreren Kapitalerh­öhungen, bei denen das Bezugsrech­t der Kleinaktio­näre ausgeschlo­ssen wurde. Dadurch werde deren Anteil immer weiter verwässert, sagt Bachmüller. „Die wollen einen Squeeze-out und die Kleinaktio­näre raushaben, damit sie Halloren filettiere­n können.“

Die Emmericher sind bei Halloren nach eigenen Angaben wegen der „tollen Marke“eingestieg­en. Da sei viel Potenzial, heißt es. Doch vernünftig geführt sahen die Niederrhei­ner das Unternehme­n in Halle wohl nicht. Deshalb drängten sie in den Aufsichtsr­at, was ihnen durch die Dreivierte­lmehrheit, die Charlie Investors und seine Partner bilden, verwehrt blieb. Die Partner, das sind Frank Illmann, der gemeinsam mit dem amerikanis­chen Charlie-Investor Darren Ehlert (Ex-Banker bei Lehman Brothers) im münsterlän­dischen Ascheberg die Immobilien­firma IWG In-West führt, und ein weiteres Unternehme­n aus diesem Dunstkreis. Alle Beteiligte­n zusammen halten mehr als 75 Prozent der Halloren-Anteile.

Die Tatsache, dass der ostdeutsch­e Süßwaren-Produzent sich bei internatio­nalen Investment­s zuletzt offenbar verhoben hat, war natürlich Wasser auf die Mühlen von Katjes. Drei Töchter wurden verkauft, die Hälfte des Umsatzes ist weg. Das hat Halloren aber ebenso verteidigt wie den Einstieg der branchenfr­emden Investoren und den Rückzug von der Börse 2016. „Zum Jahresende hat Halloren eine gesunde Bilanz und eine Eigenkapit­alquote von 70 Prozent“, verlautet aus dem Umfeld der großen Anteilseig­ner.

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FOTOS: HERSTELLER/MONTAGE: FERL Süßigkeite­n von Piasten, Katjes und Halloren.

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