Rheinische Post Emmerich-Rees

Sponsor lässt Flüchtling Mardini von Medaille träumen

-

Bei Olympia in Rio sorgte die Syrerin für Schlagzeil­en.

BERLIN (sid) Ihre eigene Party anlässlich des ersten großen Sponsorenv­ertrags verließ Yusra Mardini lange vor den Gästen. Am nächsten Morgen um sechs Uhr klingelte der Wecker, ein langer Trainingst­ag wartete auf die syrische Schwimmeri­n. Seit September führt sie das Leben eines Sportprofi­s. „Meine Mutter beschwert sich“, berichtet Mardini, „dass ich ihr nur noch ,Guten Morgen’ und ,Gute Nacht’ sage.“

Etwas mehr als ein Jahr nach ihrem weltweit beachteten OlympiaAuf­tritt in Rio de Janeiro für das Flüchtling­steam arbeitet die 19-Jährige unter profession­ellen Bedingunge­n in ihrer neuen Heimat Berlin am nächsten großen Ziel: Für Olympia 2020 in Tokio will sich Mardini zuerst qualifizie­ren – und dann nicht „nur“dabei sein.

„Natürlich ist es der Traum eines jeden Athleten, eine Goldmedail­le zu gewinnen. Ich kann nur sagen: Ich habe Pläne, und die sind in meinem Herzen“, erzählte Mardini. Ihr Sponsor, ein US-Sportartik­elher- steller, hat Sportgröße­n wie Michael Phelps, Lindsey Vonn oder Anthony Joshua unter Vertrag. Und nun auch eine Schwimmeri­n, die bei Olympia in ihren Rennen die Plätze 41 und 45 belegte. Warum? Weil Mardinis Geschichte von der dramatisch­en Flucht vor dem Bürgerkrie­g in ihrer Heimat bis zum Start in Rio noch immer Menschen weltweit fasziniert. Weil Mardini, die von Barack Obama und vom Papst eingeladen wurde, ein Vorbild für Millionen ist.

„Vorher musste vieles improvisie­rt werden. Mit den neuen Möglichkei­ten gibt es ein individuel­l abgestimmt­es Training“, sagt Trainer Sven Spannekreb­s. Die ersten Erfolge erkenne man schon jetzt: „Yusra ist im Moment sehr müde, das harte Training schlägt also an. Sie wird muskulärer, ihre allgemeine Fitness ist schon jetzt sehr viel besser.“

Als Ziel hat sich das personell aufgestock­te Team vorgenomme­n, in Tokio so nah wie möglich an die Top-20 ranzuschwi­mmen. Spannekreb­s hat aber auch mit Mardinis Traum von einem olympische­n Finale und einer Medaille kein Problem: „Ich habe von ihr gelernt, dass es viel cooler ist, für einen Traum zu arbeiten.“Platzen könnte dieser Traum, sollte Mardini einen deutschen Pass bekommen. Dann müsste sie die deutschen Qualifikat­ionsnormen erfüllen, und das ist fast unmöglich. Wahrschein­licher ist, dass auch in Tokio ein Flüchtling­steam mit Mardini dabei ist. Vielleicht nimmt sie aber auch für Syrien teil.

 ?? FOTO: DPA ?? Yusra Mardini
FOTO: DPA Yusra Mardini

Newspapers in German

Newspapers from Germany