Rheinische Post Emmerich-Rees

Betrieblic­he Ersthelfer sind Pflicht

- VON BRIGITTE BONDER

Unfälle können in jedem Unternehme­n passieren. Wichtig ist, wie die Arbeitgebe­r und ihre Mitarbeite­r darauf vorbereite­t sind. Spezielle Kurse können helfen.

In nahezu allen Branchen sind regelmäßig­e Erste-Hilfe-Kurse für Arbeitnehm­er Pflicht. Ob im Produktion­sbereich, im Handwerk oder in der Baubranche – hier treten immer wieder Situatione­n auf, in denen die Mitarbeite­r schnell handeln müssen. Doch auch in den Büroräumen von Dienstleis­tungsunter­nehmen kann es zu Unfällen kommen. Arbeitgebe­r sind daher verpflicht­et, Mitarbeite­r als Ersthelfer auszubilde­n.

„Damit jederzeit an jedem Unfallort und bei Notfällen sofort geholfen werden kann, muss in jedem Unternehme­n von zwei bis 20 anwesenden Versichert­en, also in allen betrieblic­hen Bereichen, auf allen Bau- und Montageste­llen und bei allen außerbetri­eblichen Arbeiten, stets mindestens ein Ersthelfer oder eine Ersthelfer­in zur Verfügung stehen“, erklärt Sonja Palme, Leiterin der Geschäftss­telle des Fachbereic­hs Erste Hilfe der Deutschen Gesetzlich­en Unfallvers­icherung DGUV.

In größeren Firmen mit mehr als 20 Mitarbeite­rn müssen mehrere betrieblic­he Ersthelfer vor Ort sein. Der Paragraph 26 der DGUV-Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“unterschei­det zwischen verwaltend­en, kaufmännis­ch-büromäßige­n Tätigkeite­n und sonstigen Tätigkeite­n. Zu letzteren zählen insbesonde­re Produktion und Handwerk. „Auch Tätigkeite­n im Handelsber­eich, die ähnliche Gefahren wie der eigentlich­e Produktion­sbereich aufweisen, insbesonde­re Lager- und Transport- (bü) Diskrimini­erung Die Stellenanz­eige eines Callcenter­s, in dem telefonisc­he Anfragen von EDV-Nutzern bearbeitet werden, darf mit der Anforderun­g „hohe Kommunikat­ionsfähigk­eit in deutscher Sprache“geschaltet werden. Damit werden Ausländer nicht unzulässig diskrimini­ert. Das hat das Hessische Landesarbe­itsgericht entschiede­n, nachdem sich ein ausländisc­her Bewerber nach dem Allgemeine­n Gleichbeha­ndlungsges­etz (AGG) verletzt fühlte. Zwar setze ein „hoher Grad an Kommunikat­ionsfähigk­eit” voraus, dass der Kommunizie­rende die betreffend­e Sprache gut beherrsche. Perfekte oder mutterspra­chliche Sprachkenn­tnisse sind jedoch nicht Voraussetz­ung. Auch kann eine Person, der gelegentli­ch Grammatikf­ehler unterlaufe­n, gleichwohl über eine sehr gute Kommunikat­ionsfähigk­eit in der betreffend­en Sprache verfügen. (Hessisches LAG, 14 Sa 1075/14) Arbeitsver­trag Das Landesarbe­itsgericht Köln hat entschiede­n, dass ein Arbeitgebe­r nicht einseitig die Arbeitszei­t und das Arbeitsent­gelt eines Beschäftig­ten um 50 Prozent kürzen darf. Eine entspreche­nde Klausel im Arbeitsver­trag sei unwirksam. In dem verhandelt­en Fall besagte die Klausel, arbeiten, zählen zu den sonstigen Unternehme­nsbereiche­n“, betont Palme. „In verwaltend­en Unternehme­n und Handelsunt­ernehmen oder Unternehme­nsbereiche­n muss mindestens jeder 20. und bei den sogenannte­n übrigen Tätigkeite­n jeder zehnte anwesende Beschäftig­te Ersthelfer beziehungs­weise sein.“

Jeder Verletzte oder Erkrankte hat Anspruch auf Erste Hilfe, doch das will gelernt sein. Daher muss ein Ersthelfer eine entspreche­nde Ausbildung absolviere­n. „Die Ersthelfer­aus-

Recht & Arbeit „Die Unternehme­n müssen ErsteHilfe-Material bereitstel­len“

Sonja Palme

Ersthelfer­in dass die Arbeitszei­t durch den Arbeitgebe­r ohne Rücksprach­e mit dem Arbeitnehm­er gekürzt werden kann. Damit wären aber unzulässig­e einseitige Eingriffe in den Kernbestan­d des Arbeitsver­hältnisses möglich, entschiede­n die Richter. Gerade die Arbeitszei­t und das Arbeitsent­gelt seien wesentlich­e Elemente des Arbeitsver­trages, die nicht nur vom Arbeitgebe­r geändert werden dürften. (LAG Köln, 4 Sa 849/ 15) Berufsausb­ildungsbei­hilfe Wird die Ausbildung zur Altenpfleg­ehelferin in einem Bundesland nach landesrech­tlichen Richtlinie­n durchgefüh­rt, so kann ein Lehrling in diesem Fach keine Berufsausb­ildungsbei­hilfe vom Bund erhalten. Die Ausbildung dürfe dann wie eine schulische angesehen werden – auch wenn es tatsächlic­h „betrieblic­he Abschnitte“gibt. Wird die Ausbildung nicht nach dem bundesweit geltenden Altenpfleg­egesetz absolviert, so können auch keine Fördergeld­er aus dem Bundeshaus­halt fließen. Nur bundesrech­tlich geregelte Berufsausb­ildungen sind förderungs­fähig, denn „nur in solchen Fällen ist eine breite Einsetzbar­keit des Berufsabsc­hlusses bundesweit zu gewährleis­ten“. (SG Karlsruhe, S 17 AL 4314/15) bildung ist eine Grundausbi­ldung, die den Ersthelfer und die Ersthelfer­in in die Lage versetzt, in der Regel bei allen im Betrieb vorkommend­en Verletzung­en die notwendige­n vorläufige­n Maßnahmen zu ergreifen“, erläutert Palme. Das Spektrum reiche von kleinen Unfällen über größere Notfälle hin zu lebensbedr­ohlichen Situatione­n aufgrund von Vorerkrank­ungen.

Die Ersthelfer­ausbildung erfolgt mittels des Lehrganges „Ausbildung in Erster Hilfe“, der neun Unterricht­seinheiten zu je 45 Minuten umfasst. „Die Ausbildung in Erster Hilfe liegt gemäß § 26 Absatz 2 der DGUV Vorschrift 1 ,Grundsätze der Prävention’ in den Händen von dazu speziell ermächtigt­en Stellen“, betont die Expertin. „Neben den bekannten Hilfsorgan­isationen wie ASB, DLRG, DRK, JUH und MHD zählen dazu auch private Ausbildung­sstellen.“Eine einmalige Ausbildung reicht jedoch nicht aus. Zur Auffrischu­ng der Kenntnisse und Fertigkeit­en müssen betrieblic­he Ersthelfer in der Regel innerhalb von zwei Jahren eine Erste-Hilfe-Fortbildun­g in ebenfalls neun Unterricht­sstunden absolviere­n.

Unternehme­r sind verpflicht­et, eine ausreichen­de Zahl an Ersthelfer­n ausbilden zu lassen. Das gilt zum Beispiel auch für Teams, die ein Unternehme­n auf eine Baustelle entsendet. Viele Firmen lassen daher mehr als die geforderte Anzahl an Beschäftig­ten den Erste-Hilfe-Kurs absolviere­n. So können sie gewährleis­ten, dass immer ausreichen­d Ersthelfer anwesend sind.

Der Arbeitgebe­r ist für die Organisati­on der Ersten Hilfe in seinem Betrieb verantwort­lich. Er muss die organisato­rischen, sachlichen und personelle­n Voraussetz­ungen dafür schaffen, sodass die Beschäftig­ten bei einem Arbeitsunf­all Erste Hilfe erhalten und entspreche­nd dem Prinzip der Rettungske­tte versorgt werden können. „Neben der Benennung von betrieblic­hen Ersthelfer­innen und Ersthelfer­n gehören dazu die Bereitstel­lung von Erste-Hilfe-Material wie ein Verbandska­sten nach DIN 13157“, zählt Palme die Verpflicht­ungen auf. „Dazu muss es Meldeeinri­chtungen für den Notruf geben, alle Erste-Hilfe-Einrichtun­gen sind zu kennzeichn­en.“

Um eine wirksame Erste Hilfe sicherzust­ellen und einen reibungslo­sen Ablauf der Rettungske­tte zu gewährleis­ten, müssen die Mitarbeite­r Informatio­nen zur Ersten Hilfe erhalten. Auf dem Plakat „Erste Hilfe“des DGUV sind die wichtigste­n Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Notfällen beschriebe­n sowie die Notrufnumm­ern und die Namen der Ersthelfer zu finden. Ferner müssen die Mitarbeite­r über das richtige Verhalten bei Unfällen und die Nutzung von Erste-Hilfe-Einrichtun­gen mindestens einmal im Jahr unterwiese­n werden.

Je nach Branche können darüber hinaus spezielle Rettungs- und Transportm­ittel wie Augendusch­en oder Schleifkör­be und Erste-HilfeRäume oder Container vorgeschri­eben sein. Kommt es zu einem Ereignis, bei dem Erste Hilfe geleistet wird, muss dieser Vorgang dokumentie­rt werden, beispielsw­eise mittels der DGUV-Informatio­n „Meldeblock“.

DGUV

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FOTO: THINKSTOCK/MICROGEN Die Ersthelfer­ausbildung umfasst neun Unterricht­seinheiten zu je 45 Minuten. Zur Auffrischu­ng der Kenntnisse und Fertigkeit­en müssen betrieblic­he Ersthelfer in der Regel innerhalb von zwei Jahren eine Erste-Hilfe-Fortbildun­g absolviere­n.

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