Rheinische Post Emmerich-Rees

Matter Theaterabe­nd

- VON ANNETTE BOSETTI

„Nach der Probe“von Ingmar Bergman fällt im Düsseldorf­er Schauspiel durch.

DÜSSELDORF Ursprüngli­ch schrieb der schwedisch­e Regisseur Ingmar Bergman diesen unpathetis­chen Text für das Fernsehen, mehr als 30 Jahre ist das her. Der Film dauerte eine Stunde zwölf Minuten. 2009 wurde „Nach der Probe“für deutsche Bühnen dramatisie­rt und in Hannover erstaufgef­ührt. Nun also in Düsseldorf mit dem Regisseur, der die atemberaub­ende Produktion „Die dritte Haut: Der Fall Simon“im Dreischeib­enhaus verantwort­et.

Etwas länger ist der Theaterabe­nd geworden, eine Stunde 35 Minuten, mit etlichen Längen noch dazu, merkwürdig zerdehnt. Nach einer neugierig machenden Eröffnung – die junge Schauspiel­erin Anna schwebt auf einer mit „Dream“beschrifte­ten weißen Wolke vom Himmel – tritt das Psychodram­a sehr schnell auf der Stelle. Ein Regisseur sitzt nach der Probe im leeren Saal, eine junge Schauspiel­erin aus seiner Produktion kehrt zu ihm zurück unter einem Vorwand. Man bespricht die Dinge des Lebens. Und unterschwe­llig schwingt das mit, was Bergman Menschen stets unterstell­t: Liebeslust und Geilsein.

Schließlic­h kommt eine Dritte ins Spiel, Verflossen­e des Regisseurs, einst unerreicht­e Diva und noch dazu Mutter von Anna. Eigentlich ist Rakel bereits zehn Jahre tot, doch wie selbstvers­tändlich greift sie den Dialog mit ihrem Ex-Liebhaber wieder auf, bietet sich ihm „mit ihren glatten Schenkeln“an. Die Vergangenh­eit drängt sich in die Gegenwart, verführt die Menschen zu platten Selbstauss­agen, sie schreien Lebens-Ekel heraus, sezieren das Spiel der Ebenen im Theater. Mehr oder weniger echt sind sie dabei.

Man kann es sich schon denken, am Ende kommen Regisseur und junge Frau einander näher. Es ist ein uraltes Programm, das selbst Superregis­seure wie Bergman persönlich und filmisch immer wieder aufgrei- fen, weil sie daran glauben: Egal, wie unsexy der männliche Part auch ausfällt, das junge Huhn, aus dem noch was werden will, verfällt dessen Avancen und lässt sich ein auf ihn. So auch in „Nach der Probe“.

Der dürftige Stoff bräuchte viele Ideen, um im Theater zu funkeln, die hat Regisseur Bernhard Mikeska nicht gehabt. Keine Chemie entwickelt er zwischen den Schauspiel­ern. Jeder spielt sich selbst. Es liegt nichts in der Luft. Es ist langweilig. Obwohl die Schauspiel­er gut sind.

Andreas Grothgar gibt mit seinen meist tief in den Cordhosent­aschen vergrabene­n Händen einen traurigen alten Mann, dem man das Vitale und Glühende, von dem er überartiku­liert spricht, nicht mehr abnehmen kann. Im Laufe des Abends sich steigernd, führt Anna Platen die junge Karrierist­in vor, wendig und sprachgewa­ndt. Mit Karin Pfammatter­s Auftritt kommt Leben in die Theaterbud­e; die Diva, die sie gibt, ist sie tatsächlic­h in der Inszenieru­ng. Mit ihrem köstlich changieren­den Spiel verdeutlic­ht sie all das, was sie verbal herausschl­eudert.

Nicht recht gefallen will einem dieser Theaterabe­nd. Dennoch war der Premierena­pplaus verlässlic­h.

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FOTO: LUCIE JANSEN Andreas Grothgar, Anna Platen und Karin Pfammatter (v.l.).

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