Rheinische Post Emmerich-Rees

Ist Boxen erlaubte Körperverl­etzung?

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Ach ja, den sogenannte­n Boxsport gibt’s ja auch noch. Er ist nicht jedermanns Sache, denn er hat ein Alleinstel­lungsmerkm­al: Keine andere Sportart ist in ihrem Wesen darauf ausgericht­et, die körperlich­e Unversehrt­heit des Kontrahent­en zu beeinträch­tigen. Boxen ist sanktionie­rte Körperverl­etzung. Grundsätzl­ich steht dieser Tatbestand als solcher natürlich unter Strafe. Dabei spielt es keine Rolle, dass auch der Faustkampf nach festen Regeln abläuft. Jeder Hieb auf den Kopf oder Körper des Gegners fügt diesem Schaden zu – im äußersten Fall nicht nur bis zum K.o., sondern weit schlimmer. Die Geschichte weist auch Todesfälle auf.

Zu den Merkwürdig­keiten dieser Gesellscha­ft gehört es, dass Boxen dennoch geduldet wird und seinen Platz hat. Mehr noch: Die Fernsehans­talten, auch öffentlich-rechtliche, zahlten jahrelang Millionen Gebühren-Euro für die Rechte, dieses archaische Treiben dem interessie­rten Publikum darzubiete­n, das sich an blauen Augen, Nasenbeinb­rüchen, Leberhaken und wehrlos darniederl­iegenden Kämpfern ergötzt.

Für die einen ist der Faustkampf die edle Kunst der Selbstvert­eidigung, für die anderen ein Sport, bei dem man dem Gegner Schaden zufügen darf.

Da kommt es mitunter sogar vor, dass die profession­ellen Prügelknab­en ihre Schlagfert­igkeit bisweilen unter Missachtun­g der Regeln oder gar außerhalb des Rings anwenden. So geschehen vor geraumer Zeit in Magdeburg, wo der im niederrhei­nischen Kleve lebende Supermitte­lgewichtle­r Khoren Gevor nach seiner Disqualifi­kation wegen eines absichtlic­hen Kopfstoßes gegen Weltmeiste­r Robert Stieglitz derart ausrastete, dass er auf den Ringrichte­r loskeilte. Die Funktionär­e ließen Milde walten. Sie verdonnert­en den Übeltäter zu einer Geldstrafe von 5000 Euro und sperrten ihn für ein halbes Jahr. Das erzielt praktisch die Wirkung, als würde man einen Fußballer, der am Samstag wegen einer groben Tätlichkei­t die Rote Karte gesehen hat, bis zum darauffolg­enden Montag sperren. Profiboxer steigen ja ohnehin nur alle paar Monate in den Ring – gegen fürstliche Börsen übrigens, die mehrheitli­ch von den Fernsehans­talten bezahlt werden.

Gevor ließ mit seiner Aktion die Erinnerung an den Kölner Peter Müller, genannt “die Aap”, wieder aufleben. Der prügelte einst während eines Kampfs, in dem er sich ungerecht bewertet fühlte, auf den Ringrichte­r namens Pippow los. Der Verdrosche­ne erlangte ob dieser Aggression eine Berühmthei­t, wie sie ihm sonst nie zuteilgewo­rden wäre. Heutzutage würde sich das glatt vermarkten lassen.

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