Schiedlich, friedlich, torlos
Deutschland bleibt in diesem Jahr ungeschlagen. Auch England konnte das Löw-Team nicht richtig gefährden.
LONDON 42 Jahre lang hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft kein Länderspiel mehr in Englands guter Fußballstube Wembley verloren. Diese erstaunliche Serie hielt auch gestern beim Freundschaftsspiel in London. Die beiden ersatzgeschwächten Teams trennten sich torlos. Die Mannschaften gestatteten sich in guter Freundschaft gegenseitig einige Torgelegenheiten. Die Deutschen waren dabei zumindest leicht überlegen.
Weil beide Teams in Formationen antraten, die so noch nicht zusammengespielt haben, gab es große Lücken. Schon nach nicht einmal zwei Minuten hätten Treffer fallen können. Aber Timo Werner wurde nach einem miserablen Rückpass der Engländer von Torwart Jordan Pickford gebremst, und Kieran Trippier setzte den Ball ans Außennetz, nachdem die Briten über die rechte deutsche Abwehrseite nach vorn gekommen waren.
Als sich die Mannschaften besser gefunden hatten, wirkte die DFBAuswahl spielerisch deutlich reifer. Sie beherrschte das Geschehen im Mittelfeld, wo sich Mesut Özil und Rückkehrer Ilkay Gündogan auf der zentralen defensiven Position abwechselten. Gute Chancen waren das Ergebnis. Dabei stellte sich der gesamte deutsche Dreier-Angriff vor. Leroy Sané schlenzte den Ball an die Torlatte, Werner scheiterte nach einem sehenswerten Steilpass wiederum an Pickford, Sané traf mit dem Nachschuss einen auf der Linie postierten Abwehrspieler, und Julian Draxler drosch den Ball übers Tor. Pickford hielt noch einmal eindrucksvoll gegen Werner, der nach einem Pass von Özil der englischen Deckung entwischt war.
Auf der anderen Seite geriet die deutsche Mannschaft nur kurz vor und kurz nach der Pause richtig unter Druck. Zunächst segelte ein abgefälschter Schuss von Tammy Abraham an Marc-André ter Ste- gens Kasten vorbei. Danach kamen die Gastgeber ein paarmal durch die Mitte, wo Özil und Gündogan in ihrem Rücken allzu viel Platz ließen. Das erste ganz große Abstimmungsproblem in der deutschen Innenverteidigung hätte Jamie Vardy beinahe bestraft. Er hatte bei seinem Kopfball alle Freiheiten im Strafraum, aber ter Stegen reagierte glänzend. Für Unterhaltung war also lange ausreichend gesorgt.
Obwohl Bundestrainer Joachim Löw mit markigen Worten den Testlauf für die WM in Russland ausge- Nachwuchsmannschaften in der jüngeren Vergangenheit. Nationaltrainer Gareth Southgate brachte gestern einige bemerkenswerte Talente auf den Rasen.
In dieser Hinsicht steht ihm der Kollege Löw nicht nach. Er hat schließlich nicht nur vorweltmeisterschaftliche Abnutzungskämpfe versprochen, sondern auch Experimente. So ließ er getreu der eigenen Ankündigung den Leipziger Linksverteidiger Marcel Halstenberg vorspielen. Der enttäuschte seinen Coach nicht.