Rheinische Post Emmerich-Rees

Löw verlangt mehr Tempo

- VON ROBERT PETERS

Die positive Erkenntnis für den Bundestrai­ner aus dem 0:0 in England: „Es war eine geschlosse­ne Mannschaft­sleistung.“

LONDON/KÖLN Sie mühten sich nach Kräften – zunächst auf dem Rasen und später mit der Erklärung, was denn auf dem Rasen genau geschehen war. Die deutsche Delegation fand dabei viele positive Ansätze in diesem 0:0-Freundscha­ftsspiel bei den Engländern. „Das war ein klasse Testspiel, und es war eine sehr gute Mannschaft­sleistung“, stellte Bundestrai­ner Joachim Löw fest. „Vielleicht war es gut, dass wir nicht gewonnen haben, obwohl es die Chancen zu Toren durchaus gab“, sagte Teammanage­r Oliver Bierhoff, „so sieht man, wo es noch etwas zu tun gibt.“Mats Hummels, der die DFB-Auswahl als Kapitän aufs Feld geführt hatte, dozierte erfreut über taktische Feinheiten. Er urteilte: „Es war einfach ein Austesten einer leicht anderen Spielweise, die für uns gegen gewisse Gegner noch einmal sehr wichtig werden kann.“

Löw hatte seinem Team eine 3-43-Grundforma­tion verordnet, die allerdings flexibel gehandhabt werden sollte. Im Ballbesitz gab es drei richtige Spitzen (Leroy Sané, Timo Werner und Julian Draxler), die Mittelfeld­außen (Marcel Halstenber­g und Joshua Kimmich) drängten weit mit nach vorn, und die zentralen Mittelfeld­spieler (Ilkay Gündogan und Mesut Özil) steuerten den Aufbau. In der Abwehr, fußballneu­deutsch im „Spiel gegen den Ball“, bekam die Dreierkett­e der gelernten Innenverte­idiger (Matthias Ginter, Mats Hummels, Antonio Rüdiger) auf den Außen Zuwachs und wurde damit zur Fünferkett­e. Özil und Gündogan sollten den Engländern die Räume in der Mitte verstellen.

Das System ruckelte gelegentli­ch in der Umsetzung, wenn die Engländer schnell mit langen Bällen aus der Abwehr kamen, oder wenn Özil und Gündogan ihre defensiven Aufträge vernachläs­sigten. Aber es sorgte weitgehend für die Spielkontr­olle.

Dennoch hätte sich Löw ein bisschen mehr Tempo gewünscht. „Wir müssen nach Ballgewinn­en schneller umschalten“, erklärte der Bundestrai­ner, „das haben wir ver- säumt. Es ist wichtig, dass wir das Richtung WM wieder einschleif­en.“Schon morgen in Köln beim letzten Länderspie­l des Jahres gegen Frankreich (20.45 Uhr/ARD) wird Löw mit seinem Team an einer Tempoversc­härfung arbeiten (müssen). Denn bei allem Respekt für die hochtalent­ierte englische Mannschaft herrscht in DFB-Kreisen die Meinung vor, Frankreich sei noch einmal ein anderes Kaliber.

Ganz sicher sind die beiden Freundscha­ftsspiele Ende 2017 größere Herausford­erungen für Löws Auswahl, als sie die Gegner in der WM-Qualifikat­ion bieten konnten. „Tschechien, Norwegen, Nordirland – das ist nicht unser Maßstab“, betonte der Coach. So viel Hochmut darf dann auch mal sein.

An das WM-Niveau will Löw seine Spieler schrittwei­se heranführe­n, ganz ernst wird die Arbeit vermutlich erst im Trainingsl­ager vor dem Turnier in Russland. „Da erfolgt der Feinschlif­f“, versprach der Übungsleit­er der Nation.

Zumindest ein Spieler in seinem Aufgebot ist bereits auf WM-Niveau. „Mats Hummels“, sagte Löw, „war in der Defensive der Stabilisat­or.“Er war der Mann, an dem sich die Kollegen aufrichten konnten, er wirkte sehr sicher in den Zweikämpfe­n und souverän im Aufbauspie­l. Hummels bestätigte seine Vorstellun­gen im Bayern-Trikot. Und so mancher fühlte sich beim Mann mit der Nummer fünf an Deutschlan­ds größten Fußballer Franz Beckenbaue­r erinnert. Dass Hummels ein Eckpfeiler der Mannschaft sein wird, die in Russland den Titel verteidige­n will, steht fest.

Andere müssen sich in den kommenden Monaten zunächst mal empfehlen. So wie Halstenber­g, der auf der dünn besetzten Position des linken Außenverte­idigers vorspielen durfte. „Ich war absolut zufrieden“, erklärte Löw. Einen Stammplatz garantiert das natürlich noch nicht.

PRESSESTIM­MEN

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FOTO: DPA Geleitschu­tz: Antonio Rüdiger (links) verfolgt den englischen Stürmer Jamie Vardy.

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