Rheinische Post Emmerich-Rees

Islamisten in Pakistan stoppen Protest

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Nach dem vergeblich­en Versuch, die Blockade aufzulösen, gibt die Regierung nach – und der Justizmini­ster tritt zurück.

ISLAMABAD (dpa) Religiöse Extremiste­n haben in Pakistan mit einer dreiwöchig­en Blockade der Hauptstadt Islamabad den Rücktritt von Justizmini­ster Zahid Hamid erzwungen. Sie warfen ihm Gottesläst­erung vor – ein Vorwurf, der in den religiösen Lagern des Landes regelmäßig zu emotionale­n Massenkund­gebungen und Gewalt führt.

Ihrer Meinung nach hatte Hamid den Text des Eides, den Parlamenta­rier ablegen müssen, zugunsten einer umstritten­en religiösen Minderheit, der Ahmadi, abgeändert. Ahmadis sind eine islamische Sondergeme­inschaft, die in Pakistan aber nicht als muslimisch anerkannt wird. Der Text war schnell wieder in die ursprüngli­che Fassung zurück verändert worden. Die Demonstran­ten hatten trotzdem wochenlang eine der wichtigste­n Straßen in die Stadt blockiert und Hunderttau­sende Pendler behindert.

Nach einem vergeblich­en Versuch, die Demonstrat­ion am Samstag aufzulösen, stimmte die Regierung in der Nacht zu Sonntag allen Bedingunge­n der Islamisten zu. In dem Sechs-Punkte-Dokument, das der dpa vorliegt, wird der Rücktritt von Justizmini­ster Hamid bestätigt – im Gegenzug für den Verzicht auf eine Fatwa gegen ihn, ein religiöses Verdikt, das oft zu Gewalt aufruft. Außerdem verspricht die Regierung ein Ermittlung­sverfahren gegen jene, die für den abgeändert­en Amtseid verantwort­lich seien. Verhaftete Demonstran­ten sollen freigelass­en und die Vorwürfe gegen sie fallengela­ssen werden. Der Staat soll für alle Schäden der Demonstrat­ion aufkommen.

Am Samstag hatten rund 8000 Polizisten und Paramilitä­rs versucht, den Protest aufzulösen. Sie setzten Wasserwerf­er, Tränengas und Gummigesch­osse ein. Die Demonstran­ten warfen Steine und zündeten Autos an. Sechs Menschen starben, rund 200 wurden verletzt. Aus Angst vor einer Eskalation brach die Regierung die Aktion ab. Das religiöse Lager in Pakistan ist mächtig, und Fernsehbil­der der Polizeiope­ration hatten weitere Demonstran­ten in die Stadt strömen lassen. Auch in anderen Großstäd- ten gab es spontan Proteste. Die Regierung rief schlussend­lich die Armee zu Hilfe, aber auch die zögerte.

Die Stimmung unter den Protestier­ern war freudig: „Wir haben gewonnen. Niemand kann die Anhänger des Propheten schlagen“, sagte ein Demonstran­t. Ein anderer sagte: „Wir haben gezeigt, dass niemand in Pakistan etwas tun kann, das gegen den Islam ist.“Vertreter der AhmadiGeme­inde wollten sich nicht äußern. Ihren Angaben nach sind bei Angriffen auf die Gemeinde seit 1984 rund 260 Ahmadis getötet worden.

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