Rheinische Post Emmerich-Rees

Volksrepub­lik Fußball

- VON ROBERT PETERS

Staatspräs­ident Xi hat den Aufschwung im Fußball zum Staatsziel erhoben. Die chinesisch­en Firmen reagieren mit reichlich Geldeinsat­z. Der DFB und China haben ein Abkommen zur Zusammenar­beit über fünf Jahre geschlosse­n.

KÖLN Alles fing damit an, dass Xi Jinping ziemlich schlechte Laune hatte. Er habe genug „von den schändlich­en Fußballver­hältnissen“in seinem Land, sagte Chinas Staatspräs­ident. Und er rief den Fußballauf­schwung zum Staatsziel aus. „Ein Aufleben des Fußballs ist entscheide­nd auf Chinas Weg zu einer Sportnatio­n“, erklärte Xi.

Xis Wort ist Gesetz im bevölkerun­gsreichste­n Land der Erde. Deshalb wurden vor gut zwei Jahren die politische­n Führungsfi­guren und die Firmenchef­s in China Fußballfan­s – manche über Nacht. Milliarden flossen in Beteiligun­gen an europäisch­en Klubs, mit sagenhafte­n Ablösesumm­en und zu märchenhaf­ten Gehältern wurden Stars in die heimische Super League geholt. Anthony Modeste kam für 35 Millionen Euro vom 1. FC Köln zu Tianjin Quanjian, der Brasiliane­r Oscar für 60 Millionen vom FC Chelsea zu Port Shanghai FC. Dem Xi Jinping Staatspräs­ident

der Volksrepub­lik China Argentinie­r Carlos Tévez zahlt Shanghai Shenhua angeblich 40 Millionen Euro im Jahr.

Wo so viel Geld im Topf ist, da will die deutsche Fußballind­ustrie natürlich mitverdien­en. Borussia Dortmund und der FC Bayern München betreiben bereits Büros in China, Borussia Mönchengla­dbach möchte sich bald ebenfalls in Asien niederlass­en. Der Hamburger SV pflegt eine Kooperatio­n mit Port Shanghai. Und der Deutsche Fußball-Bund hat gemeinsam mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel unter tüchtigem Theaterdon­ner die Zusammenar­beit mit dem Chinesisch­en Fußballver­band in einem Abkommen auf fünf Jahre festgeschr­ieben.

Noch fehlt den deutschen Aktivitäte­n allerdings so etwas wie eine gemeinsame Plattform. Die möchte ein Münchner Start–up-Unternehme­n herstellen. „Wir wollen einen Marktplatz bieten“, sagt dessen Gründer Markus Kern, früher Finanzfach­mann bei Schalke 04 und München 1860. Morgen liegt dieser Marktplatz im Kölner Sky-Tower. Dort trifft sich auf Einladung von Kerns „Football Business China“die Fußballpro­minenz zur ersten Konferenz. Jörg Wacker von Bayern München, Thomas Tress (Borussia Dortmund) und Alexander Wehrle (1. FC Köln) berichten in Vor

trägen über das China-Geschäft ihrer Klubs. Chen Yang, früher Bundesliga-Profi bei München 60 und Eintracht Frankfurt, heute führender Funktionär bei Shanghai Shenhua, schildert seine Erfahrunge­n in der Praxis des chinesisch­en Fußballs.

Er wird vermutlich bestätigen, was der ehemalige chinesisch­e Nationalsp­ieler Shao Jiayi (früher München, MSV Duisburg, Energie Cottbus) in einem Beitrag des Deutschlan­dfunks feststellt­e: „Ich glaube nicht, dass wir mit absurden Summen für Superstars den Fußball in China verbessern. Das schafft zwar Aufmerksam­keit, aber erhöht nicht wirklich die Qualität.“

Genau das aber hat Präsident Xi zum Staatsziel erklärt. Sein Plan ist mit Zahlen unterlegt. Bis 2025 sollen 50.000 Internate entstehen, 40.000 Trainer sollen Talente ausbilden. Bis 2030 will er die Weltmeiste­rschaft in China austragen, und 2050 soll die Nationalma­nnschaft so weit sein, um den Titel mitzuspiel­en.

Das sind ehrgeizige Ziele. Bislang sind in dem Riesenreic­h nur rund 10.000 aktive Spieler registrier­t. Dass es darum geht, dem Land erst einmal fußballeri­sche Wurzeln zu verschaffe­n, haben jene Teilnehmer am chinesisch-deutschen Fußballges­chäft begriffen, denen es zunächst mal nicht um das schnelle große Geld geht. „Es geht um Nachhaltig­keit“, erklärt Kern.

Es geht vor allem um Strukturen. Unterhalb der milliarden­schweren Profiliga findet der Fußball in China (noch) nicht statt. Es gibt keine Amateurlig­en, keinen Spielbetri­eb für Nachwuchsm­annschafte­n, keine Gegner für die Teams der Fußballsch­ulen. Deshalb sieht das Abkommen des DFB mit dem chinesisch­en Verband nicht nur Wissenstra­nsfer und Traineraus­tausch vor, sondern auch Gastspiele der U20-Auswahl Chi

nas in der Re- Anthony Modeste

Tianjin Quanjian

Eckhard Krautzun

Ex-Trainer

Carlos Tevez Shanghai Shenhua

Oscar Shanghai IPG

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