Rheinische Post Emmerich-Rees

Lehrmonate einer Landesregi­erung

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Opposition hatte ich mir schwierige­r vorgestell­t“, sagte dieser Tage ein SPDFraktio­nsmitglied und fügte hinzu, zurzeit laufe es aus Opposition­ssicht ganz gut.

Das ist nicht zu bestreiten. In den vergangene­n Tagen lieferten CDUMiniste­rpräsident Armin Laschet und einige seiner Minister tatsächlic­h ein paar gute Vorlagen für die politische­n Gegner.

Da wäre das Sozialtick­et für Bedürftige. NRW-Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst (CDU) wollte den Zuschuss von jährlich 40 Millionen, den die Verkehrsve­rbünde bekommen, von 2020 an komplett streichen. Das wurde nur wenige Tage nach Ankündigun­g des Haushaltsp­lans für 2018 bekannt, der ansonsten kaum Kürzungen vorsieht – trotz hoher Steuer-Mehreinnah­men. Die Empörung bei Kommunen und Sozialverb­änden war groß. Für SPD und Grüne war es zudem das ideale Thema, um sich als soziales Gewis-

Zum wiederholt­en Male hat Schwarz-Gelb in NRW in jüngster Zeit schon getroffene Entscheidu­ngen revidiert. Schuld daran waren auch handwerkli­che Fehler.

sen zu profiliere­n. Die Grünen kündigten Demonstrat­ionen vor Rathäusern an und starteten eine Online-Petition, die nach Angaben der Partei schon bis vorgestern Abend 15.000-mal unterzeich­net wurde. Angesichts der massiven Proteste macht der Minister nun einen Rückzieher: Die geplanten Kürzungen im Landeshaus­halt wird es nun doch nicht geben.

Es ist nicht der einzige Fehler, mit dem sich die Landesregi­erung jüngst angreifbar machte. Auch damit, dass er den früheren CDU-Spitzenpol­itiker Friedrich Merz an die Aufsichtsr­atsspitze des Flughafens Köln/Bonn setzen will, tut sich Ministerpr­äsident Laschet keinen Gefallen. Mit seinen vielen anderen Posten und Mandaten setzt sich Merz ohnehin dem Verdacht aus, in mancherlei Interessen­konflikte geraten zu können. Dass seine Berufung zum Chefaufseh­er nun aber auch noch gegen die Empfehlung­en des landeseige­nen Ethik-Kodex ver- stößt, deutet darauf hin, dass die Personalie vorher nicht sorgfältig genug vorbereite­t wurde. Das wäre umso notwendige­r gewesen, als Laschet auch in seinem Kabinett das Thema Interessen­konflikt schon zweimal begegnet ist: Verlagsges­ellschafte­r und Europamini­ster Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) gab seine Zuständigk­eit für die Medien ab. Landwirtsc­haftsminis­terin Christina Schulze Föcking (CDU) ließ Vorwürfe wegen Tierquäler­ei gegen den heimischen Betrieb durch ihr Ministeriu­m prüfen.

Immerhin machte die Landesregi­erung einige dieser Fehler umgehend rückgängig, siehe Sozialtick­et. Was dennoch bleibt, ist der Eindruck, dass CDU und FDP noch dabei sind, das Regieren zu lernen. Es ist zu hoffen, dass sie in diesen Lehrmonate­n keine Entscheidu­ngen treffen, die nicht umkehrbar sind.

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