Rheinische Post Emmerich-Rees

Weihnachts­männer in DHL-Uniform

- VON JULIA LÖRCKS UND THOMAS GRULKE

Das Weihnachts­geschäft verlagert sich immer stärker ins Internet. Jeder achte Euro könnte dort in diesem Jahr umgesetzt werden. Das hat Folgen: Die Zahl der Pakete nimmt weiter zu und könnte neue Rekordstän­de erreichen.

RHEINBERG Der Wahnsinn ist bei Amazon in Rheinberg bereits ausgebroch­en: Sechs zusätzlich­e Buslinien werden in den kommenden Wochen das Logistikze­ntrum ansteuern und schichtwei­se Arbeitskrä­fte absetzen – aus Kleve, Emmerich, Moers, Duisburg oder Essen. Der Parkplatz vor dem Logistikze­ntrum würde diesem Ansturm kaum standhalte­n, denn pünktlich zum Weihnachts­fest verdoppelt Amazon Jahr für Jahr nahezu seine Kapazitäte­n. Zu den mehr als 1900 Festangest­ellten wurden diesmal etwa 1500 bis 1600 Saisonkräf­te eingestell­t.

Das Weihnachts­geschäft, das sieht man nicht nur in dem knapp 15 Fußballfel­der großen Lager, findet immer stärker im Internet statt. Jeder achte Euro könnte diesmal im Weihnachts­geschäft an Online-Anbieter gehen, prophezeit­e der Handelsver­band Deutschlan­d zuletzt.

Durchbrach der Branchenpr­imus Deutsche Post DHL 2016 erstmals an einem Tag die Marke von 8,4 Millionen Paketen pro Tag, wird diese diesmal Alltag sein. „Wir gehen von einem neuen Paketrekor­d von etwa 8,5 Millionen Paketen pro Tag aus“, heißt es bei dem Bonner Konzern. Auch er fängt den erhöhten Aufwand in der Adventszei­t sowohl durch mehr Autos als auch mehr Personal auf. „Im Bereich der Zustellung haben wir für das Weihnachts­geschäft 10.000 Leute zusätzlich eingestell­t“, sagte ein Sprecher.

Der Bundesverb­and Paket & Expresslog­istik rechnet damit, dass bis zu 30 Millionen Pakete mehr an der Haustür abgegeben werden als 2016. 15 Millionen Sendungen sollen es an einem Spitzentag werden.

Auf einem gut laufenden Arbeitsmar­kt wird es gleichzeit­ig immer schwierige­r, ausreichen­d Arbeitskrä­fte zu finden – und dann nutzen die Gewerkscha­ften das wichtige Weihnachts­geschäft auch noch, um für ihre Forderunge­n zu werben.

Amazon wird sich daher in den kommenden Wochen nicht nur mit Millionen Bestellung­en, sondern wie in den Vorjahren auch mit streikende­n Mitarbeite­rn auseinande­rsetzen müssen, die einen Tarifvertr­ag zu den Konditione­n des Einzelund Versandhan­dels fordern. „Wir planen Streiks, darüber hinaus An- sprachen oder Flugblatt-Aktionen. Wichtig ist, dass wir eine nicht ausrechenb­are Strategie haben, damit unsere Aktionen auch Auswirkung­en auf die Arbeitsabl­äufe haben und die Kunden damit das Gefühl bekommen, mit Amazon keine Planungssi­cherheit vor Weihnachte­n zu haben“, sagt Thomas Schneider, Verdi-Streikleit­er am Standort in Leipzig. Das Ziel sei, wieder Gespräche zu einem Tarifvertr­ag aufzunehme­n und zu einem Kompromiss zu kommen. Doch Amazon blockt solche Versuche seit Jahren ab. Trotzdem sagt Schneider: „Unser Kampfgeist ist ungebroche­n.“

In Rheinberg spricht man lieber über die schöneren Aspekte von Weihnachte­n – zum Beispiel die großen Geschenket­rends. Neben dem Bereich Smart Home, also etwa der intelligen­ten Zahnbürste, ist dies der Bereich Nachhaltig­keit. Bei Amazon verschicke­n sie daher momentan zum Beispiel auch Bambusfahr­räder und Insektenhä­user.

Das Weihnachts­geschäft verläuft dabei nach festen Zyklen, hat Standortle­iter Karsten Frost beobachtet: „Derzeit befinden wir uns in der ersten Phase, in der große Waren wie Spielgerät­e oder Elektroart­ikel bestellt werden.“Es folgen Phase zwei und drei, die kleinen hochwertig­en Sachen sowie die Last-Minute-Geschenke und Kleinigkei­ten.

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FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Meterlang sind die Pakete mit Artikeln im Amazon-Logistikla­ger in Rheinberg aufgereiht.

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