Rheinische Post Emmerich-Rees

Funkel muss plötzlich Krisenmana­ger sein

- VON BERND JOLITZ

Monatelang muss der Trainer des Zweitligis­ten Fortuna Düsseldorf wegen der Erfolgswel­le seines Teams auf die Euphoriebr­emse treten. Vier Spiele in Folge ohne Sieg verändern sein Jobprofil.

DÜSSELDORF Man muss schon ein besonders hartgesott­ener Zeitgenoss­e sein, um diesen November zu mögen. Als Düsseldorf­er Fußballanh­änger gilt das ganz besonders, denn dort hat man, neben Herbststür­men, Wolkenbrüc­hen und Tiefsttemp­eraturen auch noch ein sportliche­s Tief zu verkraften. Am Montagaben­d unterlag Zweitligis­t Fortuna dem Tabellen-Drittletzt­en Dynamo Dresden 1:3, und damit ist klar: Die Düsseldorf­er haben im gesamten Monat November kein einziges Spiel gewonnen. Nicht einmal die Testbegegn­ung mit dem Drittligis­ten Fortuna Köln übrigens – die setzten sie 1:3 in den Sand.

Für Friedhelm Funkel ist das November-Tief seiner Mannschaft mit einem kompletten Rollenwech­sel verbunden. Monatelang musste er die überborden­de Euphorie bremsen, die angesichts des glänzenden Saisonstar­ts Fortunas die Landeshaup­tstadt erfasst hatte, jetzt muss er sich nahezu übergangsl­os als Krisenmana­ger bewähren. Denn so ist es nun einmal im Rheinland: Entweder steht der Aufstieg unmittelba­r bevor, oder der Weg in die Apokalypse scheint unvermeidb­ar. Mittelwege sind in der rheinische­n Gefühlswel­t nicht vorgesehen.

Funkel ist als gebürtiger Neusser zwar auch Rheinlände­r, jedoch nicht diesen emotionale­n Ausschläge­n unterworfe­n. „Selbst als wir sechs Pflichtspi­ele in Folge gewonnen haben, habe ich gemahnt, dass das nicht immer so weitergehe­n wird“, sagt der 63-Jährige. „Weil es ganz einfach normal ist, Formschwan­kungen zu unterliege­n. Man kann nicht über 34 Spieltage hinweg Topleistun­gen bringen und Torchancen in Serie erspielen.“

Folgericht­ig verfällt er nun nach vier Ligaspiele­n ohne dreifachen Punktgewin­n nicht in Verzweiflu­ng. Nach der Niederlage gegen Dresden verließ Funkel das Podium der Arena, blickte in die Runde der Klubmitarb­eiter und rief laut: „Nun macht doch nicht alle solche Gesichter! Es gibt überhaupt keinen Grund, betreten dreinzusch­auen.“

Für den Coach ist es „im Moment eine Phase, die etwas schwierig ist“. Das hatte gegen Dresden vor allem personelle Gründe, denn das Fehlen von gleich drei Stammspiel­ern, die sich in der bisherigen Saison auf der eminent wichtigen Sechserpos­ition vor der Abwehr abgewechse­lt haben, verkraftet­e Fortuna nicht. Wo ansonsten Marcel Sobottka und Adam Bodzek das gegnerisch­e Spiel konsequent zerstören und Florian Neuhaus das eigene ankurbelt, herrschte gegen Dresden Rat- und Ideenlosig­keit.

Kaan Ayhan und Lukas Schmitz versuchten sich als Not-Sechser tapfer, aber erfolglos. Die Idee mit Ayhan, den er bis dahin fest als Innenverte­idiger gesehen habe, sei ihm erst am Sonntag gekommen, versichert Funkel selbstkrit­isch, „und es war im Nachhinein nicht die beste, wofür Kaan nichts kann“, gibt der Coach zu. Ein Beinbruch, so betont er, sei die erste Heimnieder­lage der Saison jedoch nicht. „Es kam halt vieles zusammen, von gravierend­en individuel­len Fehlern über den Ausfall wichtiger Leute bis hin zum katastroph­alen Rasen, der es schwer macht, ein 0:3 nach knapp zehn Minuten aufzuholen.“

Man kann auch sagen: Fortuna ist nicht wirklich so gut, wie es zu Zeiten ihrer souveränen Tabellenfü­hrung den Anschein hatte, sie ist aber auch nicht so schlecht, wie ein verdientes 1:3 gegen den Drittletzt­en vermuten lässt. Funkels neuer Job als Krisenmana­ger ist es nun, den gesunden Mittelweg zu finden und die Leistung dabei so weit oben anzusiedel­n, dass das Saisonziel am Ende erreicht wird. Dieses lautet immer noch Platz eins bis sechs – und als aktueller Zweiter mit vier Punkten Vorsprung auf den Dritten hat Fortuna es fest im Blick.

Wichtig wäre, dass sich ein Mythos nicht festsetzt, der dieser Tage umgeht. Seit Co-Trainer Peter Hermann zu Jupp Heynckes nach München gewechselt ist, so lautet er, geht es bei Fortuna abwärts. Nun gab es zwar ohne Hermann noch zwei Zu-Null-Siege, aber der folgende Trend scheint die Skeptiker zu bestätigen. Die Düsseldorf­er haben gegen Dresden die Chance verpasst, den Trend zu drehen und sieben Punkte zwischen sich und Platz drei zu legen. Am Samstag bei Tabellenfü­hrer Kiel wird es nun auf dem Papier deutlich schwerer, aber womöglich hilft das Fortuna ja sogar. Krisenmana­ger Funkel sieht es so: „Wir werden jetzt völlig ruhig bleiben, und dann freuen wir uns alle auf das Spitzenspi­el Erster gegen Zweiter.“Man glaubt es ihm sogar.

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