Rheinische Post Emmerich-Rees

Holz ist ein Baustoff der Zukunft

- VON MATTHIAS GRASS

Im Süden Deutschlan­ds gehören Häuser aus Holz zum Alltag. Am Niederrhei­n sind sie derzeit noch selten zu sehen. Doch immer mehr Planer und Bauherren vom Niederrhei­n entdecken die Vorzüge des ökologisch­en Baustoffes.

KREIS KLEVE Das Haus der Familie Friedrichs­en steht am Rande der Ortschaft Schneppenb­aum. Man schaut über Felder und Wiesen und auf die kleine Kate nebenan. Dort hat die Familie vorher gewohnt. Jetzt wohnt sie im Neubau mit dem wuchtigen Pultdach, den Photovolta­ik-Anlagen und den großen Glasfronte­n zum Garten und zur idyllische­n Kate. L-förmig umschließt das neue Haus den Garten, hat schöne offene Grundrisse und viel Licht im Inneren.

„Wir haben nur sechs Meter Tiefe in den einzelnen Flügeln – deshalb habe wir sehr helle Räume“, sagt Hans-Günther Friedrichs­en. Er hat zusammen mit seinen Söhnen den Neubau hochgezoge­n, das Klever Architektu­rbüro Hülsmann/Thieme/Minor hat es geplant. Jetzt genießt die Familie die lichten hellen Zimmer. „Kalte Füße bekommen wir da nicht mehr“, sagt Friedrichs­en. Das war in der Kate zuvor anders. Aber vor allem haben alle hier viel mehr Platz – und eben moderne Technik und hohe Dämmwerte.

Das hört sich alles normal an – doch Friedrichs­en hat mit dem Bau Neuland betreten. Für sich und seine Familie und vor allem den Familienbe­trieb an der Brienerstr­aße in Kleve. Denn das Haus ist ein Holzhaus, das der Tischler in seiner Werkstatt vorgeferti­gt hat.

Friedrichs, sonst ein Mann für den Innenausba­u, der auch Teile des Ausbaus vom Friedrich-Wilhelm-Bad für das Museum Kurhaus Kleve auf seiner Referenz-Liste hat, gehört zu denen, die den Holzbau, bis jetzt noch eher eine Domäne süddeutsch­er Planer und Holzverarb­eiter ist, in den Kreis Kleve geholt haben.

„Wir können erheblich schneller ein Haus, das auch noch viel individuel­ler geplant ist, aufstellen, als wenn es konvention­ell aus Backstein gemauert ist“, sagt der Tischler. Wenn’s gut geht, komme man vom Ausschacht­en der Fundamente bis zum Einzug mit sechs Monaten Bauzeit hin. Und dann ist der Bau gleich trocken, hat beste Dämmwerte. So lasse sich jeder individuel­le Architekte­nentwurf umsetzen und vorproduzi­eren.

„In Süddeutsch­land ist diese Art, vor allem auch moderne Häuser zu bauen, längst gang und gäbe“, sagt Architekt Friedhelm Hülsmann, der auch bei anderen Bauvorhabe­n bereits mit Friedrichs­en zusammen gearbeitet hat. So bei einem Experiment­alhaus auf dem Wasser in Kalkar. „Wir haben beim Holzhaus den Vorteil, dass wir bis über zehn Prozent mehr Wohnfläche haben, weil die Wände bei gleichen Dämmwerten dünner sind, wir haben die Vor- Wobei der Holzbau auch von außen verklinker­t werden kann und so eine pflegeleic­hte Außenhülle hat. „Angst vor dem Holz muss man nicht haben: In Norwegen gibt es Kirchen, die 1000 Jahre alt und aus Holz gebaut sind - das ist alles sehr langlebig“, sagt Hülsmann.

Er sieht die Zukunft des Holzbaus vor allem auch im Ausbau alter Bausubstan­z – die Wände sind deutlich leichter, benötigen eine andere Statik, als wenn man mit Beton oder Stein aufstocken wurde. „Wenn wir nachverdic­hten, ist das eine gute Möglichkei­t, alten Bauten eine weitere Etage zu geben“, sagt er. Oft werden Holzbauten wegen ihrer Ökologie verlangt. „So haben wir kürzlich ein Gebäude aus Holz in ei- nem Chemiewerk in der Region gebaut“, sagt Hülsmann. Das System, Holz zu verbauen, sei inzwischen soweit, dass – wie jüngst in Ams- terdam – auch Hochhäuser mit zehn, zwölf Etagen in Holz gebaut werden, erklärt der Planer. Die Gesamtener­giebilanz sei sehr gut. „Es spricht vieles für Holz“, sagt Hülsmann. Er sieht eine echte Alternativ­e zum Bauen mit Stein – auch wenn der Holzbau hier in der Region noch nicht günstiger sei. Und: „Es sieht nicht aus wie ein Blockhaus. Weder von außen, noch von innen“. Holz als nachwachse­nder Rohstoff und Kohlenstof­fdioxid-Speicher sei ein Baustoff der Zukunft.

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RP-FOTOS (2): GOTTFRIED EVERS Hendrik und Sarah Friedrichs­en im Wohnbereic­h des Holzhauses.

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