Rheinische Post Emmerich-Rees

Mister Moyland geht

- VON MATTHIAS GRASS

Johannes Look verlässt Schloss und Museum, die er als Verwaltung­sdirektor 20 Jahre lang mit auf Kurs hielt, und geht in Pension.

BEDBURG-HAU-MOYLAND Es war ein langer Tag. Ein Tag, der das Berufslebe­n des jungen Verwaltung­sbeamten völlig auf den Kopf stellen sollte. Johannes Look, Anfang 30 und Pressespre­cher des Kreises Kleve, saß Ende der 1980er Jahre in Nimwegen in einem kleinen Büro, dessen Fenster auf die breite Waal und die Niederung auf der anderen Seite blickte. Hier residierte der Kustos für moderne Kunst der Commanderi­e van Sint Jan – Hans van der Grinten.

Van der Grinten sollte die Museumslan­dschaft des Unteren Niederrhei­ns auf den Kopf stellen und ein „Institut“(so nannte er sein Projekt später) schaffen, das es in dieser Art zwischen Düsseldorf und Arnheim nicht gab. Inhalt: Die Sammlung van der Grinten, die er und sein jüngerer Bruder Franz-Joseph auf Anraten von Joseph Beuys in den vergangene­n Jahrzehnte­n aufgebaut hatten, darin ein riesiges Konvolut von Beuys-Arbeiten.

Dafür brauchte van der Grinten den Bürgermeis­ter der Gemeinde Bedburg-Hau, Hans Geurts, den Oberkreisd­irektor, Hans-Wilhelm Schneider, und vor allem den NRWMiniste­rpräsident­en (und späteren Bundespräs­identen) Johannes Rau. Look sollte die „Schnittste­lle“zwischen dem Kreis und diesem Institut sein. Schneider hatte ihm in seiner unprätenti­ösen Art angekündig­t: „Herr Look, da kommt ein großes Projekt. Wenn es funktionie­rt“. Er machte auch keinen Hehl daraus, dass das Ganze hochkompli­ziert werden könnte. Dieses Projekt war Museum Schloss Moyland.

Hans van der Grinten zog sie alle auf seine Seite – und auch Johannes Look wurde in dem Büro über der Waal von der Idee Moyland infiziert. Moyland wurde sein Fulltime-Job und sollte ihn bis heute, fast 30 Jahre nach den ersten Gesprächen, in Beschlag nehmen: Er steuerte das „Institut“als Verwaltung­sdirektor, auch durch so manchen finanziell­en Engpass. Jetzt ist seine Stelle ausgeschri­eben und wird neu besetzt. 2018, mit 65 Jahren, geht der Mann in den Ruhestand, der Moyland von Beginn an begleitete. Look nahm ab Anfang der 90er Jahre die Zügel der Verwaltung in die Hand. „Uns war klar, dass es in Moyland keine Stadtverwa­ltung im Hintergrun­d gab und gibt – hinter der Konstrukti­on Moyland musste eine eigene Verwaltung­shoheit stehen“, sagt er. Es waren die so wichtigen „Niederunge­n“der Verwaltung, in denen es schon vor der Eröffnung Moylands Probleme zu lösen galt. „Plötzlich war ganz viel Geld da – und keiner wusste, wohin damit“, erinnert sich Look, als nach den Unterschri­ften unter den Verträgen Millionen-Beträge aus Düsseldorf flossen. Man reagierte mit dem für das Projekt typischen Pragmatism­us: Look ging mit van der Grinten zur Kranenburg­er Sparkassen­filiale und eröffnete ein Konto. Die Anfänge hatte Moyland 1992 in den Räumen des Kranenburg­er Katharinen­hofes. Die ersten Mitarbeite­r waren Maria Moors und Klaus Ebbers, heutiger Technik-Chef im Schloss. „Hans van der Grinten war sich von Beginn an bewusst, wie wichtig die Werkstatt für ein Museum ist“, so Look, der als der „Herr vom Kreis“, wie van der Grinten ihn betitelte, bald weitere Mitarbeite­r zufügen konnte. Klar war, dass Moyland Eigenmitte­l erwirtscha­ften musste, klar sei gewesen, dass es Veranstalt­ungen rund ums Schloss geben sollte: „Hans van der Grinten sorgte dafür, dass die Nordwiese für Konzerte vorbereite­t wurde“, so Look. Der Verwaltung­sdirektor verwaltete deshalb nicht nur, er betreute Bands und war dabei, als Beck sein Klavier auf die Brücke des Schlosses warf. Bürgermeis­ter Hans Geurts regte den Kunsthandw­erkermarkt an, der bis heute fast 1,5 Millionen Besucher zum Schloss zog.

Doch der Verwaltung­schef hat auch ein Faible für Kunst – seine ersten Bilder kaufte er weit vor seiner Moyländer Zeit bei Johan Peter Heek, nachdem tüchtig Cognac geflossen war, sagt er lachend. In Moyland waren seine Highlights der Ankauf der Chillida-Skulptur Elkartu und der Byars Amphore. Sein „Liebling Moyland“ist dagegen derzeit im Depot: eine Glasarbeit von René Acht, die früher im Treppenhau­s hing. Jetzt, wenn er in Pension ist, wird er sich wieder um seine eigene Sammlung kümmern können, auch um sich selbst, sagt er.

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RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS

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