Rheinische Post Emmerich-Rees

Unterhalt vom Kreis: Familien entlastet

- VON ANJA SETTNIK

Das neue Unterhalts­vorschussg­esetz regelt, dass allein Erziehende länger und auch für ältere Kinder Geld der öffentlich­en Hand bekommen, wenn der Ex-Partner nicht zahlt. Mehr Personal, 1000 Fälle für die Kreisverwa­ltung.

KREIS KLEVE Es war ein andauernde­r Kampf. Nervtötend für die Mutter, belastend auch für die Kinder. Würde Holger T. in diesem Monat seinen Verpflicht­ungen als geschieden­er Vater nachkommen? Zahlte er für Henry und Judith, oder „vergaß“er es einmal mehr? Immer dann, und das war häufig der Fall, wurde es nicht erst am Monatsende finanziell eng für die Familie. Dass der ExMann selbst nicht viel Geld hat, weiß Sabine T. natürlich, aber verschonen kann und will sie ihn nicht. Die berufstäti­ge Mutter braucht den

„Die Zahlung sollte so lange andauern wie die Ausbildung der Kinder“

Birgitt Höhn

Grünen-Fraktionsv­orsitzende

Unterhalt, um über die Runden zu kommen. Seit Mitte vergangene­n Jahres hat sich die Situation für Familie T. und zigtausend­e andere etwas entspannt. Der Staat tritt im Falle säumiger Zahler in Vorleistun­g – jetzt auch für Kinder, die älter als zwölf Jahre sind.

In der nächsten Sitzung des Kreis Klever Jugendhilf­eausschuss­es wird am kommenden Donnerstag über den Stand der Dinge beim Unterhalts­vorschussg­esetz (UVG) informiert. Die Fraktion der Grünen hat nämlich angefragt, wie sich die Änderung auf den Kreis Kleve auswirkt – organisato­risch, personell, finanziell. Die Antworten der Kreisverwa­ltung in Kurzform: Durch Umstruktur­ierung der Stellen gelingt es (bisher), mit zwei zusätzlich­en Mitarbeite­rinnen, aber nur wenig zusätzlich­en Stunden, die Anträge auf UVG-Leistungen zu bearbeiten. Rund 1000 laufende Fälle gibt es derzeit, die resultiere­n aber nur aus den Kommunen ohne eigenes Jugendamt. Zählt man die Fälle aus den größeren Städten dazu, sind es vermutlich doppelt so viele.

Kinder, die von dem Elternteil, bei dem sie nicht leben, keinen oder keinen regelmäßig­en Unterhalt bekommen, konnten auch früher schon Unterhalts­vorschussl­eistungen erhalten. Die Höhe richtet sich bundesweit nach dem Mindestunt­erhalt. Der Unterhalts­vorschuss beträgt nach dem neuen Gesetz für Kinder bis fünf Jahre 150 Euro (seit 1. Januar 154), von sechs bis zu elf Jahren 201 (205) Euro, Zwölf- bis 17Jährigen stehen je 268 (273) Euro zu. „Dass mit 18 Jahren Schluss ist, müsste noch geändert werden. Zumindest bis eine Ausbildung abgeschlos­sen ist, sollte weiter gezahlt werden“, findet Birgitt Höhn. Der Bund hat den von ihm getragenen Teil der UVG-Aufwendung­en von einem Drittel auf 40 Prozent erhöht. Den Rest teilen sich Land und Kommunen (im Ergebnis Reduzierun­g des kommunalen Anteils von 53,3 auf 30 Prozent).

Ganz wichtig ist, das die Höchstbezu­gsdauergre­nze gekippt wurde: Früher zahlten die Kommune maximal sechs Jahre lang und maximal so lange, bis die Kinder zwölf Jahre alt waren. „Das konnte bedeuten, dass die Überweisun­gen schon für Sechsjähri­ge eingestell­t wurden“, erzählt Höhn – wenn abwesende Väter von Geburt an ihrer Unterhalts­pflicht nicht nachkamen.

Birgitt Höhn wünscht sich, dass für das neue Gesetz staatliche­rseits – oder eben auch über Kreise und Kommunen – mehr „geworben“würde, denn sie habe den Eindruck, dass viele Frauen noch nicht umfassend über ihre erweiterte­n Rechte informiert seien. „Man muss auch wissen, dass es nicht gerade angenehm ist, den Unterhalts­vorschuss zu beantragen. Es wird nämlich durch die Kommunen genau überprüft, ob die Gegenseite nicht doch Zahlungen veranlasst hat. Dazu müssen Sie Ihre Einkommens­verhältnis­se darlegen und dem Amt umfassende Kontoauszü­ge zur Verfügung stellen“, sagt die GrünenPoli­tikerin. Das könnten Betroffen schon als diskrimini­erend empfinden. „Hinzu kommt, dass allein Erziehende meist sehr viel um die Oh- ren haben und den bürokratis­chen Aufwand für den Antrag oft scheuen“, so Höhn.

Wichtig zu wissen ist, dass Familien, die von Hartz IV leben, nicht vom UVG betroffen sind. In ihren Sozialhilf­esatz ist das Geld für die Kinder schon einberechn­et. Geld nach dem Unterhalts­vorschussg­esetz bekommen nur Frauen, die ein eigenes Einkommen haben. Da viele jedoch in Teilzeit arbeiten oder nicht viel verdienen, können sie auf Unterhalt kaum verzichten. Das müssen sie nun auch nicht mehr. Die säumigen Elternteil­e bleiben natürlich dennoch zahlungspf­lichtig. Bund und Land versuchen, sich das vorgeschos­sene Geld von ihnen zurückzuho­len.

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FOTO: ARCHIV Wenn getrennt lebende oder geschieden­e Partner für Kinder verantwort­lich sind, gibt es oft Streit ums Geld. Einer muss im Regelfall Unterhalt zahlen.

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