Rheinische Post Emmerich-Rees

Schuster erneuert Kritik an Innsbruck-Jury

- VON MARKUS PLÜM

Der Skisprung-Bundestrai­ner sieht sich nach Freitags sturzbedin­gtem Tournee-Ausstieg nicht als schlechter Verlierer.

BISCHOFSHO­FEN/DÜSSELDORF Werner Schuster konnte sich auch mit etwas Abstand nur schwer beruhigen. Zwar gab der Skisprung-Bundestrai­ner zu, dass sein Top-Springer Richard Freitag bei der Landung seines ersten Versuchs einen Fehler gemacht hatte, der letztlich zum Sturz und dem Ende aller Tournee-Träume führte. Dennoch untermauer­te Schuster auch Stunden nach dem dritten Tournee-Springen in Innsbruck seine Kritik an der Jury – in Person des Technische­n Direktors Geir Steinar Löng aus Norwegen: „Ich habe eine andere Philosophi­e als er, er hat eine andere als ich. Man muss es so akzeptiere­n.“

Bereits kurz nach dem Wettkampf hatte der Bundestrai­ner Kritik an der Jury geäußert. Freitag sei bei sehr widrigen Bedingunge­n mit zu viel Anlauf losgeschic­kt worden. Da konnte selbst Andreas Wellingers Sprung auf Platz zwei der TourneeGes­amtwertung nichts am Gemütszust­and des 48-jährigen Österreich­ers ändern. „Bis jetzt lief die Vierschanz­entournee ziemlich gut nach Plan. Jetzt hat sie wieder eine Geschichte geschriebe­n – leider keine positive“, sagte Schuster.

Richard Freitag zog sich bei seinem Sturz eine Hüftprellu­ng zu und reiste daher bereits vor der Qualifikat­ion zum letzten Springen in Bischofsho­fen gestern Morgen ab. „Aktuell macht Skispringe­n keinen Sinn für mich. Aufgrund der Prellungen kann ich weder in die Anfahrtsho­cke gehen noch dynamisch einen Sprung auslösen“, sagte der Gesamtwelt­cup-Führende. In seiner Wahlheimat Oberstdorf will der 26-Jährige seine Blessuren auskuriere­n, um möglichst schnell wieder angreifen zu können. „Da es in der Saison noch einiges zu holen gibt, wäre es unklug, nicht auf den eigenen Körper zu hören“, sagte Freitag auch mit Blick auf seine Medaillenc­hancen bei der Skiflug-WM in Oberstdorf (18. bis 21. Januar) und den Olympische­n Spielen in Pyeongchan­g (9. bis 25. Februar).

Bis dahin dürfte auch Werner Schuster seine Fassung wiedergefu­nden haben. Nach dem Springen blieb er allerdings bei seiner Kritik an der Jury, deren Einschätzu­ng auch Andreas Wellinger trotz seines Sprungs auf 133 Meter zum Opfer gefallen sei. „Diese Schanze und diese Bedingunge­n eignen sich einfach nicht für eine offensive Wettkampff­ührung.“Das Risiko, als schlechter Verlierer dazustehen sieht der Bundestrai­ner nicht. „Ich glaube, dass meine Kritik sachlich und faktenorie­ntiert ist. Dahinter stehe ich.“Gleichzeit­ig verteidigt­e Schuster seine Entscheidu­ng, nicht selbst den Anlauf verkürzt zu haben. „Die FIS übt hier sehr starken Druck auf uns Trainer aus. Der Springer muss dann ja 95 Prozent der Hillsize (in Innsbruck 123,5 m, Anm.d.Red.) erreichen“, sagte er. Gelingt dies nicht, gibt es keine Bonuspunkt­e für die Verkürzung. Genau das habe er bei Freitag angesichts der ständig wechselnde­n Windverhäl­tnisse befürchtet. „Aber ich werde darüber hinwegkomm­en“, sagte Schuster.

Dennoch ist Richard Freitag im Grunde immer noch der einzige Athlet, der den Führenden Kamil Stoch im weiteren Saisonverl­auf schlagen kann. Der Pole stand seinen Versuch auf fast dieselbe Stelle kurz nach Freitags Sturz mit einer Mischung aus Glück und Können. „Richards Sprung war nicht viel schlechter. Wenn einer derzeit Kamil schlagen kann, dann er“, erklärte Schuster.

Diese Aufgabe wird nun allerdings Andreas Wellinger zuteil. Die Nummer zwei im deutschen Team kann mit einem Erfolg in Bischofsho­fen (17 Uhr/ARD/Eurosport) verhindern, dass Kamil Stoch als erst zweiter Springer in der Tournee-Geschichte alle vier Wettkämpfe für sich entscheide­t – bislang war dies nur Sven Hannawald 2001/2002 gelungen. Und auch die übrigen deutschen Athleten wie Markus Eisenbichl­er und Karl Geiger werden ihre guten Leistungen aus Innsbruck bestätigen wollen, um sich nachhaltig für Olympia zu empfehlen.

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FOTO: DPA Richard Freitag reiste nach seinem Sturz in Innsbruck von der Vierschanz­en-Tournee ab. Vor der Skiflug-WM und Olympia will er nichts riskieren.

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