Schuster erneuert Kritik an Innsbruck-Jury
Der Skisprung-Bundestrainer sieht sich nach Freitags sturzbedingtem Tournee-Ausstieg nicht als schlechter Verlierer.
BISCHOFSHOFEN/DÜSSELDORF Werner Schuster konnte sich auch mit etwas Abstand nur schwer beruhigen. Zwar gab der Skisprung-Bundestrainer zu, dass sein Top-Springer Richard Freitag bei der Landung seines ersten Versuchs einen Fehler gemacht hatte, der letztlich zum Sturz und dem Ende aller Tournee-Träume führte. Dennoch untermauerte Schuster auch Stunden nach dem dritten Tournee-Springen in Innsbruck seine Kritik an der Jury – in Person des Technischen Direktors Geir Steinar Löng aus Norwegen: „Ich habe eine andere Philosophie als er, er hat eine andere als ich. Man muss es so akzeptieren.“
Bereits kurz nach dem Wettkampf hatte der Bundestrainer Kritik an der Jury geäußert. Freitag sei bei sehr widrigen Bedingungen mit zu viel Anlauf losgeschickt worden. Da konnte selbst Andreas Wellingers Sprung auf Platz zwei der TourneeGesamtwertung nichts am Gemütszustand des 48-jährigen Österreichers ändern. „Bis jetzt lief die Vierschanzentournee ziemlich gut nach Plan. Jetzt hat sie wieder eine Geschichte geschrieben – leider keine positive“, sagte Schuster.
Richard Freitag zog sich bei seinem Sturz eine Hüftprellung zu und reiste daher bereits vor der Qualifikation zum letzten Springen in Bischofshofen gestern Morgen ab. „Aktuell macht Skispringen keinen Sinn für mich. Aufgrund der Prellungen kann ich weder in die Anfahrtshocke gehen noch dynamisch einen Sprung auslösen“, sagte der Gesamtweltcup-Führende. In seiner Wahlheimat Oberstdorf will der 26-Jährige seine Blessuren auskurieren, um möglichst schnell wieder angreifen zu können. „Da es in der Saison noch einiges zu holen gibt, wäre es unklug, nicht auf den eigenen Körper zu hören“, sagte Freitag auch mit Blick auf seine Medaillenchancen bei der Skiflug-WM in Oberstdorf (18. bis 21. Januar) und den Olympischen Spielen in Pyeongchang (9. bis 25. Februar).
Bis dahin dürfte auch Werner Schuster seine Fassung wiedergefunden haben. Nach dem Springen blieb er allerdings bei seiner Kritik an der Jury, deren Einschätzung auch Andreas Wellinger trotz seines Sprungs auf 133 Meter zum Opfer gefallen sei. „Diese Schanze und diese Bedingungen eignen sich einfach nicht für eine offensive Wettkampfführung.“Das Risiko, als schlechter Verlierer dazustehen sieht der Bundestrainer nicht. „Ich glaube, dass meine Kritik sachlich und faktenorientiert ist. Dahinter stehe ich.“Gleichzeitig verteidigte Schuster seine Entscheidung, nicht selbst den Anlauf verkürzt zu haben. „Die FIS übt hier sehr starken Druck auf uns Trainer aus. Der Springer muss dann ja 95 Prozent der Hillsize (in Innsbruck 123,5 m, Anm.d.Red.) erreichen“, sagte er. Gelingt dies nicht, gibt es keine Bonuspunkte für die Verkürzung. Genau das habe er bei Freitag angesichts der ständig wechselnden Windverhältnisse befürchtet. „Aber ich werde darüber hinwegkommen“, sagte Schuster.
Dennoch ist Richard Freitag im Grunde immer noch der einzige Athlet, der den Führenden Kamil Stoch im weiteren Saisonverlauf schlagen kann. Der Pole stand seinen Versuch auf fast dieselbe Stelle kurz nach Freitags Sturz mit einer Mischung aus Glück und Können. „Richards Sprung war nicht viel schlechter. Wenn einer derzeit Kamil schlagen kann, dann er“, erklärte Schuster.
Diese Aufgabe wird nun allerdings Andreas Wellinger zuteil. Die Nummer zwei im deutschen Team kann mit einem Erfolg in Bischofshofen (17 Uhr/ARD/Eurosport) verhindern, dass Kamil Stoch als erst zweiter Springer in der Tournee-Geschichte alle vier Wettkämpfe für sich entscheidet – bislang war dies nur Sven Hannawald 2001/2002 gelungen. Und auch die übrigen deutschen Athleten wie Markus Eisenbichler und Karl Geiger werden ihre guten Leistungen aus Innsbruck bestätigen wollen, um sich nachhaltig für Olympia zu empfehlen.