Ein neuer Ort für die Heilige Aldegundis
Die Emmericher Reliquie wird nach der Renovierung der Sakristei für alle Gemeindemitglieder zugänglich ausgestellt.
EMMERICH Am kommenden Sonntag erlebt die St.-Christophorus-Gemeinde einen besonderen Tag. Die Reliquie der Heiligen Aldegundis wird in einer feierlichen Prozession durch die Aldegundiskirche getragen.
Gelegenheit also, sich ein wenig näher mit der Emmericher Reliquie zu beschäftigen. Der 30. Januar 684 war der Todestag der Heiligen Aldegundis. Am nächstliegenden Sonntag – in diesem Jahr ist das der 28. Januar – wird das Aldegundisfest in der nach ihr benannten Aldegundiskirche gefeiert. „Zu diesem Fest wird auch die Reliquie der Heiligen Aldegundis in einer feierlichen Prozession durch die Kirche getragen“, sagt Pfarrer Bernd de Baey.
Bisher geschah es nur einmal im Jahr, nämlich zum Aldegundisfest, dass die Reliquie aus dem Tresor geholt wurde. Doch mit der Renovierung der Sakristei wird diese Reliquie jetzt für alle Gemeindemitglieder zugänglich: Sie wird dort in einer fest eingebauten Vitrine mit anderen Kirchenschätzen ausgestellt.
Reliquie kommt vom lateinischen „reliquiae“, was soviel wie „Zurück- gelassenes, Überbleibsel“heißt. Es ist ein irdischer Überrest – ein Körperteil oder ein Teil des persönliches Besitzes – eines Heiligen, der religiös verehrt wird.
Bei der Emmericher Reliquie handelt es sich um ein kleines, etwa ein Zentimeter großes Knochenstück der Heiligen Aldegundis. Diese wurde um 630 in Coulsore in Frankreich geboren und war die Gründerin und Äbtissin des Doppelklosters Maubeuge. Aldegundis legte einen Schwerpunkt auf die Kranken- und Armenfürsorge und stiftete dazu ein Hospital. Sie leitete das Kloster als Äbtissin bis zu ihrem Tode infolge einer Krebserkrankung. Die Heilige Aldegundis wird häufig zu den Nothelfern gezählt und bei verschiedenen Krankheiten angerufen. In der Kunst wird sie oft als Nonne mit Äbtissinenstab dargestellt. So zeigt sie auch eine große hölzerne Statue in der Aldegundiskirche, die früher auf dem Barockaltar der Pfarrkirche stand.
Die Reliquien der Heiligen Aldegundis liegen heute in der Pfarrkirche in Maubeuge. „Ein Teil der Reliquien ging mit der Französischen Revolution verloren, ein Teil im Jahr 1944, als im Krieg die Kirche zerstört wurde“, erzählt de Baey.
„Die Verehrung der Heiligen Adelgundis, wie sie eigentlich hieß, bevor die Niederrheiner Aldegundis daraus machten, ist schon sehr alt“, sagt Pfarrer de Baey. Als die Franken im 7./8. Jahrhundert die Gebiete am Rhein eroberten, brachten sie ihre Heiligen mit, um zu zeigen, dass sie tief mit dem Christentum verbunden waren. Neben Aldegundis waren das unter anderem auch die Heilige Regenfledes, wie eine Gemeinde in Hönnepel heißt, und der Heilige Dentlinus, Schutzpatron der ersten Reeser Kirche.
Vor dem Jahr 1060 hieß das Aldegundis-Patronat in Emmerich noch St. Martini, mit dem Bau der Kirche am Rhein zog das Martini-Patronat um. Bekannt ist, dass das Reliquiar – das Kästchen, in dem die Reliquie aufbewahrt wird – 1930 nach damals neuester Goldschmiedekunst hergestellt wurde aus Anlass des 1600. Geburtstag der Heiligen Aldegundis.
Viele Menschen schreiben der Reliquie eine besondere Heilkraft zu, beten bei Krankheit zur Heiligen Aldegundis. „Christus hat in den Heiligen Menschengestalt angenommen, Heiligenverehrung ist Christusverehrung“, erklärt der Stadtpfarrer: „Reliquien zeugen von der Gegenwart Jesu.“
Aber nicht nur für Gläubige hat die Reliquie eine besondere Bedeutung, heute spielt sie auch in der Kunstwissenschaft eine große Rolle. „Es gibt viel Literatur dazu, Symposien werden veranstaltet und wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt“, weiß Bernd de Baey.
In der Aldegundiskirche zeigen darüber hinaus auch zwei große Kirchenfenster Bilder aus dem Leben der Heiligen Aldegundis, die für Arme und Kranke da war und der Wunder und Heilungen zugeschrieben werden.