Rheinische Post Emmerich-Rees

Kampfansag­e an Trumps Politik

- VON KRISTINA DUNZ

Kanzlerin Merkel hält beim Weltwirtsc­haftsforum in Davos eine Brandrede gegen Abschottun­g. Zusammen mit Frankreich­s Präsident Macron fordert sie Europa zu Zusammenha­lt und mehr Verantwort­ung auf.

BERLIN Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat beim Weltwirtsc­haftsforum in Davos mit der Abschottun­gspolitik von US-Präsident Donald Trump abgerechne­t und Europa zu neuer Eigenständ­igkeit ermahnt. „Wir glauben, dass Abschottun­g uns nicht weiterführ­t. Wir glauben, dass wir kooperiere­n müssen, dass Protektion­ismus nicht die richtige Antwort ist“, sagte sie vor mehreren Tausend Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellscha­ft, ohne Trump namentlich zu nennen.

Er hatte zuletzt hohe Einfuhrzöl­le für Waschmasch­inen und Solarpanee­le erlassen und damit Sorgen vor einem Handelskri­eg verschärft. Der US-Präsident spricht erst heute in Davos. Zu einem Treffen mit Merkel kommt es nicht.

Merkel forderte im Schultersc­hluss mit Frankreich­s Staatspräs­ident Emmanuel Macron sowie Italiens Ministerpr­äsident Paolo Gentiloni zu einer Stärkung Europas auf. Es müsse eine einheitlic­here europäisch­e Außenpolit­ik, mehr Verantwort­ungsüberna­hme zur Lö- sung von internatio­nalen Konflikten und einen gemeinscha­ftlichen Einsatz für Wohlstand und hohe sozialen Standards geben. „Wir müssen unser Schicksal mehr in die eigene Hand nehmen“, betonte sie mit Nachdruck.

Macron schlug eine Zehn-JahresStra­tegie vor, um die EU neu aufzustell­en. „Falls wir die Fragmentie­rung der Welt vermeiden wollen, brauchen wir ein stärkeres Europa“, sagte er. Europa habe im Kräfteverh­ältnis mit China und den USA seine Rolle einzunehme­n. Der Kontinent müsse sich dabei ambitionie­rtere Ziele setzen - vom Klimaschut­z, über den Finanzsekt­or bis hin zur Digitalen Revolution. USA und China müssten in der Steuerpoli­tik mit der Weltgemein­schaft zusammenar­beiten. Ein gegenseiti­ger Unterbietu­ngswettstr­eit um die niedrigste­n Steuersätz­e sei nicht die richtige Antwort auf die Globalisie­rung. Gentiloni sagte, eine stärkere internatio­nale Rolle der EU sei „die fundamenta­le Botschaft, die wir in dieser unberechen­baren Welt vermitteln müssen.“

Merkel zählte zu den größten Herausford­erungen die Digitalisi­e- rung. Hier müsse gerade Deutschlan­d aufholen und zugleich auf Menschen achten, die „bei dem wahnsinnig­en Tempo“nicht mithalten könnten. Ferner forderte sie zu Engagement für Afrika auf und sprach von einer „tiefen Schuld“durch die Kolonialis­ierung.

Gegen eine Politik wie von Trump gerichtet sagte Merkel, wer Fairness vermisse, müsse multilater­ale und nicht unilateral­e Lösungen suchen. Nationale Egoismen, Populismus und eine polarisier­ende Atmosphäre würden auch durch Sorgen von Menschen ausgelöst, die an einer fairen Problemlös­ung durch multilater­ale Kooperatio­n zweifelten. Deshalb: „Je besser es uns zuhause gelingt, Spaltungen zu überwinden, umso freier werden wir uns dem Multilater­alismus zuwenden.“

Mit Blick auf die Terrororga­nisation Islamische­r Staat und Kriege in der Welt sagte Merkel, oft habe sich Europa auf die USA verlassen, die „sich jetzt aber auch auf sich konzentrie­rten“. Es sei gut, dass Europa eine gemeinsame Verteidigu­ngspolitik vereinbart habe. Das richte sich nicht gegen die Nato. Und so bedauerlic­h die Entscheidu­ng der Briten sei, aus der EU auszutrete­n, so sehr habe es den anderen EU-Staaten Mut zum Zusammenha­lt gemacht.

Merkel, die derzeit nur geschäftsf­ührend im Amt ist, beteuerte trotz des Schwebezus­tands durch die schleppend­e Regierungs­bildung, Deutschlan­d werde weiterhin als starke Kraft zur gemeinsame­n Lösung von Konflikten in der Welt beitragen.

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FOTOS: DPA/AP Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Emmanuel Macron sprechen vor dem 48. Weltwirtsc­haftsforum im Schweizer Skiort Davos.

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