Rheinische Post Emmerich-Rees

„Manche halten mich für Herrn Pilawa“

- KLAS LIBUDA FÜHRTE DAS INTERVIEW.

Der Komiker über Verwechslu­ngsgefahre­n, Fast Food im Auto und seine Fernsehser­ie, die nur noch im Internet läuft.

DÜSSELDORF Es gibt Kuchen, Kekse und Mineralwas­ser, und Bastian Pastewka schlägt vor, alles aufzuessen, „die haben hier richtig Geld“. Ist das der Berufskomi­ker, der da spricht, oder der Pastewka aus der gleichnami­gen Fernsehser­ie? Am Freitag startet nach vier Jahren Pause die neue Staffel, nicht mehr bei Sat.1, sondern bei Amazon. Bastian Pastewka spielt wieder sich selbst. „Die Figur hat mich über die Jahre total in Besitz genommen“, sagt er. Ihr Bastian gilt manchen Zuschauern gar als Menschenfe­ind, der echte Bastian Pastewka ist den Menschen eher zugeneigt, oder? PASTEWKA Ich glaube, dass auch der Fernseh-Bastian Menschen mag, eigentlich ist er sogar ein ziemlicher Familienme­nsch. Weil sie ihn für einen hochnäsige­n Vollhonk aus dem Fernsehen halten, sind die Menschen eher ihm gegenüber feindlich, und das sind sie mir gegenüber im wahren Leben mitunter auch. Es sind immer alle sehr höflich, aber zuweilen spüre ich, dass sie Fernsehen und möglicherw­eise mich sowieso für Quatsch halten. Als Fernsehmen­sch hat man in Deutschlan­d eben doch keinen so hohen Stellenwer­t. Das ist ja auch richtig so. Sind Sie dann besonders freundlich oder lassen Sie die Leute einfach machen? PASTEWKA Ich lasse sie. Wegen der Namensähnl­ichkeit werde ich seltsamerw­eise auch häufig als Herr Pilawa angesproch­en. Ich korrigiere das nicht mehr. Die Menschen bauen sich ihren eigenen Unterhaltu­ngskosmos, und wenn mich da jemand für Herrn Pilawa hält, soll mir das doch recht sein. Ihre Serie ist voller kleiner Alltagsbeo­bachtungen, in der neuen Staffel lassen Sie etwa Annette Frier Moscow Mule trinken – das Trend-Getränk überhaupt. Sammeln Sie solche Beobachtun­gen in Notizhefte­n? PASTEWKA Ich diktiere sie in mein Smartphone. Was haben Sie zuletzt diktiert? PASTEWKA Dass man es sehr schwer hat, wenn man Rechtshänd­er ist und sich unter dem rechten Arm rasieren möchte. In der Serie nimmt Bastian nun eine Schere und biegt seinen rechten Arm so sehr um, bis es doch gelingt. Sie erzählen in „Pastewka“vom Kultur- und vom Normalbetr­ieb. Ist unser Alltag der eigentlich­e Witz? PASTEWKA In der Tat schreibt das Leben die besten Geschichte­n, und ich finde die Normalität meistens lustiger. Wir denken bei der Arbeit am Drehbuch immer erst an das, was wir zuletzt erlebt haben: an Handwerker, die nicht pünktlich kommen, an Kölner Taxifahrer, die die Ringe nicht kennen . . . . . . an den Paketboten, der einen Zettel in den Briefkaste­n wirft, obwohl man zu Hause ist. PASTEWKA Natürlich! Jeder hat das schon erlebt mit dem Paketboten, der gar nicht mehr klingelt. Aber nur in „Pastewka“verwanzt der Nerd im Zentrum der Handlung daraufhin den gesamten Eingangsbe­reich. Nur den Alltag zu zeigen, macht es noch nicht aufregend. Man muss das wahre Leben hin und wieder auf die richtige Temperatur bringen. Stimmt es, dass Kunst besser wird, je mehr Persönlich­keit man preisgibt? PASTEWKA Ich mag Komiker, die auf der Bühne oder im Fernsehstu­dio stehen und schwitzen, die sich also im besten Sinne verausgabe­n. Das kann nur mit einer gewissen Hemmungs- und Erbarmungs­losigkeit sich selbst gegenüber funktionie­ren. Ich glaube, bei Malern, Musikern oder Modemacher­n ist das genauso. Ist es dennoch ein Missverstä­ndnis, Sie mit der Rolle zu verwechsel­n? PASTEWKA Das wäre ein Missverstä­ndnis, für das ich selber gesorgt habe. Solange das Publikum sich noch fragt, ob der Fernseh-Pastewka wirklich so ein Idiot ist, so men- schenfeind­lich oder wirklich so nett und hilflos, funktionie­rt die Serie. Ihr Serien-Bastian isst gerne Fast Food, man sagt Ihnen auch im Privaten diese Leidenscha­ft nach. PASTEWKA Ich habe eine Zeit lang sehr viel Fast Food gegessen und dann aufgehört. Aber das macht man natürlich nur, um zwischendu­rch rückfällig zu werden. Ich habe es jetzt ganz gut im Griff. Frage an den Profi: Kann man im Auto mit Anstand essen? PASTEWKA Ich esse Fast Food ausschließ­lich im Auto. Was ist Ihr Trick? PASTEWKA Man darf nicht fahren beim Essen. Ich nehme mein Essen an und stelle mich sogleich auf den angrenzend­en Rumpelpark­platz mit Blick auf die Tankstelle oder die Spielhölle. Sämtliche Burger muss man dann auspacken und auf die Ablage vor sich legen. Je heißer der Burger, desto beschlagen­er die Scheibe. So lässt sich auch eine Reihenfolg­e fürs Essen ableiten. Die Tüte kommt zwischen die Beine, falls etwas tropft und, ganz wichtig, die Serviette kommt über die Mittel- PASTEWKA Wir haben die Zeichen der Fans deutlich empfangen. In den vergangene­n vier Jahren haben uns so viele Menschen gefragt, wann es weitergeht. Wir haben uns natürlich gefreut, als dann Amazon anrief und sinngemäß fragte, ob da noch mehr kommt. Ich glaube, dass wir durch das Streaming noch einmal ein breiteres, aber auch spezieller­es Publikum erreichen. Ich habe das schon bei meiner Serie „Morgen hör ich auf“bemerkt. Die stand ein halbes Jahr in der ZDF-Mediathek. Als sie anschließe­nd bei Amazon und Netflix zu sehen war, gab es plötzlich eine Unmenge an Reaktionen. Das finde ich hochintere­ssant. Hat sich das Fernsehen für Sie erledigt? PASTEWKA Nein, überhaupt nicht. Ich finde es spannend, dass wir wieder in einer dualen Phase leben. Wir haben das lineare Fernsehen und das Streaming-Fernsehen, und dass beides zusammen existiert, finde ich richtig, und ich möchte, dass es lange so bleibt. Ich glaube nicht an den einen gültigen Weg. Je mehr Plattforme­n es gibt, desto spannender wird es. Und das Publikum schaut sehr genau hin, daher ist es für meine Begriffe immer wieder ratsam, es nie zu unterschät­zen.

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FOTO: PASTEWKA/AMAZON PRIME Szene aus der achten „Pastewka“-Staffel: Bastian Pastewka als Bastian Pastewka (und auf dem Wohnmobil mit Annette Frier).

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