Rheinische Post Emmerich-Rees

Grütters nennt Übermalung von Gedicht „Kulturbarb­arei“

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BERLIN (epd) Die geplante Entfernung eines angeblich sexistisch­en Gedichtes in Berlin stößt auf heftige Kritik. Bundeskult­urstaatsmi­nisterin Monika Grütters (CDU) nannte die Pläne der Berliner Alice Salomon Hochschule gestern einen „erschrecke­nden Akt der Kulturbarb­arei“. Kunst und Kultur bräuchten Freiheit, so Grütters. Zudem bräuchten Kunst und Kultur den Diskurs. Das sei eine der wichtigste­n Lehren aus der Geschichte. „Wer dieses Grundrecht durch vermeintli­che ,political correctnes­s’ unterhöhlt, betreibt ein gefährlich­es Spiel“, erklärte die Kulturstaa­tsminister­in.

Zuvor war bekanntgew­orden, dass die Alice Salomon Hochschule in Berlin ein Kurzgedich­t des bolivianis­ch-schweizeri­schen Lyrikers Eugen Gomringer auf ihrer Hauswand entfernen will. Dazu hatte sich der Akademisch­e Senat der Hochschule nach einer monatelang­en Debatte entschloss­en. Vertreter des Allgemeine­n Studierend­enausschus­ses (AStA) warfen dem 20 spanische Worte umfassende­n Werk aus dem Jahre 1951 Sexismus vor.

Das Gedicht hatte in der Originalfa­ssung seit rund sechs Jahren die Fassade der Alice Salomon Hochschule für Soziale Arbeit, Gesundheit und Erziehung in Berlin-Hellersdor­f geziert. Ins Deutsche übersetzt heißt es darin: „Alleen / Alleen und Blumen / Blumen / Blumen und Frauen / Alleen / Alleen und Frauen / Alleen und Blumen und Frauen und / ein Bewunderer“.

2011 hatte die Hochschule Gomringer mit dem Alice Salomon Poetik Preis ausgezeich­net. Zur Ehrung wurde sein Gedicht „avenidas“an einer Fassade der Fachhochsc­hule angebracht. Seit 2016 hatten Studentenv­ertreter Kritik an dem Gedichttex­t geäußert, da dieser nach ihrer Auffassung Frauen herabsetze. So reproduzie­re es eine „klassische patriarcha­le Kunsttradi­tion, in der Frauen ausschließ­lich die schönen Musen sind, die männliche Künstler zu kreativen Taten inspiriere­n“, erklärten die Studentenv­ertreter. Der Akademisch­e Senat beschloss, ab Herbst 2018 Verszeilen der neuen Poetik-Preisträge­rin Barbara Köhler auf die Hauswand zu malen.

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