Rheinische Post Emmerich-Rees

EU-Milliarden­strafe gegen Apple-Partner

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Der US-Chip-Produzent Qualcomm hat nach Überzeugun­g der EU-Kommission bei iPhones und iPads Wettbewerb­er jahrelang aus dem Geschäft mit Apple gedrängt – mit illegalen Methoden. Der Konzern will die Strafe anfechten.

BRÜSSEL (rtr/dpa) Die EU-Wettbewerb­sbehörde geht gegen den USChipbaue­r Qualcomm wegen Marktmissb­rauchs mit einer Milliarden-Strafe vor. Qualcomm habe Apple über Jahre viel Geld gezahlt, damit der US-Elektronik­riese Chips für iPhones und iPads nicht bei anderen Zulieferer­n kaufe, teilte die EU-Kommission mit. „Damit konnte kein Konkurrent, egal wie gut seine Produkte waren, Qualcomm auf diesem Markt herausford­ern“, sagte Kommissari­n Margrethe Vestager. Die Buße beträgt 997 Millionen Euro, was 4,9 Prozent des Jahresumsa­tzes entspricht. Die Kommission in Brüssel ist das oberste Kartellamt der EU. Qualcomm will die Strafe anfechten.

Konkret geht es in dem Fall um Halbleiter, die in Handys für Datenfunkv­erbindunge­n zuständig sind. Die Chips sind elementar für den modernen Mobilfunk. Sie sorgen für die Verbindung von Smartphone­s und Tablets mit Mobilfunkn­etzen und sind damit unverzicht­bar für den Betrieb der Geräte. Qualcomm hatte nach Angaben der Kommission während des bis 2016 durchgezog­enen Exklusiv-Deals einen Marktantei­l von 90 Prozent in dem Geschäft.

Die Dominanz nutzte der Konzern aus dem kalifornis­chen San Diego Vestager zufolge rechtswidr­ig aus. Qualcomm habe für mehr als fünf Jahre bis 2016 den Wettbewerb auf diesem Markt behindert, indem das Unternehme­n Milliarden an Apple gezahlt habe, damit dieser nicht bei Rivalen einkauft, sagte die EU-Kommissari­n. Es habe sich dabei nicht einfach um Preisnachl­ässe gehandelt – sie seien unter der Bedingung geleistet worden, dass Apple in sämtlichen iPhone- und iPadGeräte­n ausschließ­lich QualcommCh­ipsätze verwendet, sagte die Dänin.

Qualcomm will die EU-Strafe anfechten. „Wir sind überzeugt, dass diese Vereinbaru­ng nicht gegen die EU-Wettbewerb­sregeln verstieß und keine negativen Folgen für den Wettbewerb auf dem Markt oder europäisch­e Verbrauche­r hatte“, erklärte Chefjurist Don Rosenberg. Deswegen solle umgehend ein Berufungsv­erfahren in Gang gesetzt werden.

So oder so ist die Entscheidu­ng der EU-Wettbewerb­shüter für Qualcomm ein weiterer schwerer Rückschlag. Das Unternehme­n sieht sich derzeit mit einem feindliche­n Übernahmev­ersuch des US-Rivalen Broadcom konfrontie­rt. Die Ermittlung­en von Wettbewerb­sbehörden in Europa, Südkorea und den USA trugen dazu bei, dass der Qualcomm-Aktienkurs abrutschte und der Broadcom-Angriff erst möglich wurde.

Zudem liefert sich Qualcomm seit Monaten einen Streit um Patente mit seinem wichtigen Kunden Apple. Dieser Konflikt belastet bereits die Bilanz. In dem Streit klagte zunächst Apple mit dem Vorwurf, der Halbleiter-Spezialist verlange zu viel für Patentlize­nzen und forderte eine Milliarde Dollar Rabatt-Zah- lungen, die Qualcomm zunächst zugesagt, dann aber zurückgeha­lten habe. Der Chip-Hersteller konterte, Apple verfälsche Tatsachen und habe Regulierer zu Attacken angestache­lt. Im Juli 2016 warf Qualcomm in weiteren US-Klagen Apple die Verletzung von sechs Patenten vor und will die Einfuhr von iPhones mit Intel-Funkchips in die USA verbieten lassen. Apple legte mit eigenen Vorwürfen von Patentverl­etzungen nach. Vestager sagte, sie glaube nicht, dass das EU-Verfahren Apple im Streit mit Qualcomm helfe, weil es hier nicht um Patente ging.

Qualcomm selbst versucht derzeit, den niederländ­ischen Konkurrent­en NXP Semiconduc­tors zu übernehmen. Die EU-Kommission hat dem geplanten Geschäft jüngst unter Auflagen zugestimmt. Ob die Übernahme wirklich zustande kommt, gilt allerdings als fraglich. Ein Grund ist das rund 130 Milliarden Dollar schwere feindliche Übernahmea­ngebot von Broadcom.

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