Rheinische Post Emmerich-Rees

Der Kreis langt zu

- VON LUDWIG KRAUSE

Schokolade, Käse oder Bier – nur drei Beispiele, die zeigen, welche Bedeutung die Lebensmitt­elindustri­e bei uns hat. Die Gewerkscha­ft NGG kritisiert aber auch den Einzelhand­el – und bittet Verbrauche­r, auf faire Preise zu achten.

KREIS KLEVE Hier mal eine Praline, dort mal eine Tafel. 9,5 Kilogramm Schokolade isst jeder Mensch im Kreis Kleve durchschni­ttlich im Jahr. Das geht aus Zahlen hervor, die die Gewerkscha­ft Nahrung-GenussGast­stätten (NGG) veröffentl­icht hat. Ob Sie nun eher zu jenen gehören, die sagen: So viel esse ich nie im Leben – oder zu jenen, die gerade zusammenre­chnen, ob Ihnen das überhaupt reichen würde, müssen Sie selbst entscheide­n. Fakt ist: Rein statistisc­h kommt der Kreis Kleve

„Gute Lebensmitt­el sollten den Menschen

etwas wert sein“

Hans-Jürgen Hufer

NGG Nordrhein

auf einen jährlichen Schokolade­nVerbrauch von 2960 Tonnen. Oder, um es bildlich auszudrück­en: 123 Sattelschl­epper voll.

Noch mehr wären es übrigens bei Käse – hier kommen die Kreis Klever auf 7600 Tonnen oder einen ProKopf-Verbrauch von 24,5 Kilogramm. Und schließlic­h Bier: 323.000 Hektoliter ist davon im vergangene­n Jahr unsere Kehlen hinunterge­laufen. Das macht 104 Liter pro Person.

Schokolade, Käse und Bier: das sind nur drei Beispiele, die zeigen, welche Bedeutung die Lebensmitt­elindustri­e und das Lebensmitt­elhandwerk bei uns haben. Rund 3900 Arbeitsplä­tze hängen der Arbeitsage­ntur zufolge an der Herstellun­g und Verarbeitu­ng von Lebensmitt­eln. Bestes Beispiel sind die Unternehme­n und Hersteller, die derzeit auf der Grünen Woche in Berlin den Niederrhei­n als Genussregi­on bewerben. „Die Branche ist aber nicht nur regional ein Schwergewi­cht. Nimmt man den Umsatz, ist sie der drittgrößt­e Industriez­weig in Deutschlan­d – ein Großteil der Produktion geht in den Export – und schafft es damit auf die internatio­nalen Teller“, sagt Hans-Jürgen Hufer von der NGG Nordrhein.

Dabei befindet sich die Branche in einem stetigen Wandel. Neue Trends wie Superfoods, glutenoder laktosefre­ies Essen seien eine Herausford­erung für die heimische Ernährungs­wirtschaft, sagt Hufer. Die sei gut aufgestell­t und belege bei Produktion­s- und Hygienesta­n- dards weltweit einen Spitzenpla­tz. „Kaum irgendwo ist die Lebensmitt­elsicherhe­it höher als bei uns“, sagt der Geschäftsf­ührer der NGG Nordrhein. Alles gut also in der Lebensmitt­elindustri­e? Nein – und da wird der Ton der Gewerkscha­ft schärfer. Mit Sorge sehe man den Trend zur Verramschu­ng. „Gerade bei Getränken, Fleisch und Süßwaren erleben wir regelrecht­e Rabattschl­achten in den Supermärkt­en. Damit werden Lebensmitt­el oft weit unter Wert verkauft“, sagt Hufer. Weniger als 70 Cent für eine Tafel Marken-Scho- kolade sei bei einer fairen und umweltgere­chten Produktion nicht machbar. „Solche Preise erhöhen den Druck auf die Beschäftig­ten und ihre Arbeitsbed­ingungen“, heißt es von der NGG.

Eine Grundvorau­ssetzung für gutes Essen bleibe, dass dieses auch fair produziert werde. Das fängt beim Anbau der Zutaten an und führt über die Arbeitsbed­ingungen bis hin zur Verarbeitu­ng. „Gute Ernährung und gute Arbeit gehören zusammen. Hygiene unter Zeitdruck – das kann zum Beispiel nicht gut gehen“, sagt Hufer. Dies bedeute auch, dass Unternehme­n Tarifvertr­äge einhalten und sich an der Berufsausb­ildung beteiligen. Dazu hat die NGG auch eine lebensmitt­elpolitisc­he Initiative gestartet.

An die Verbrauche­r appelliert die Gewerkscha­ft, beim nächsten Einkauf auf die Preise zu achten. „Gute Lebensmitt­el sollten den Menschen etwas wert sein“, sagt Hufer. „Gleichzeit­ig können sie damit die heimische Wirtschaft stärken und beim Essen neben dem Genuss auch noch ein gutes Gewissen haben.“

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FOTOS: THINKSTOCK PIXABAY
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