Rheinische Post Emmerich-Rees

31 Jahre in Bananenkis­ten

- VON VERENA KENSBOCK

Helmut van Bebber hat sein Antiquaria­t „Zeitzeiche­n“in Kleve für immer geschlosse­n. Mit einem reduzierte­n Bestand will der 63-Jährige an anderer Stelle weitermach­en. Der Klever „Bücherbumm­el“steht jetzt auf der Kippe.

KLEVE Als Antiquar, sagt Helmut van Bebber, rechnet man immer in Bananenkis­ten. Etwa 300 Stück wird er, gefüllt mit Bildern und Büchern, aus seinem Laden an der Herzogstra­ße tragen, bis er den Schlüssel an die neuen Eigentümer übergibt. 31 Jahre, zwei Monate und 28 Tage hat der 63-Jährige in dem Laden verbracht, „Zeitzeiche­n“ist wie sein zweites Zuhause.

Die Heizung ist ausgeschal­tet, die Kälte in den Altbau gezogen, die Fenster sind mit Zeitungen abgeklebt. Van Bebber kommt nur noch in den Laden, um Kisten zu packen und den Anrufbeant­worter abzuhören. Der Abschied schmerzt nicht, sagt der Antiquar. „Ich konnte mich von Anfang an ganz gut mit der Idee anfreunden, den Laden aufzugeben. Schließlic­h war es eine einvernehm­liche Entscheidu­ng.“

Im Sommer letzten Jahres sei Jessica Kools aus Bedburg-Hau an die Eigentümer­gemeinscha­ft herangetre­ten, zu der auch van Bebber gehört. Sie wollte das Haus kaufen und machte offenbar ein gutes Angebot. Wie viel seine Geschäftsr­äume wert sind, will van Bebber nicht verraten, aber er sei zufrieden mit dem Preis.

Das Ende für „Zeitzeiche­n“kommt früher, als es der Inhaber geplant hatte. Drei, vier Jahre wollte er den Laden noch weiterführ­en. Hatte er doch erst im Sommer das benachbart­e Ladenlokal gemietet, einen Durchbruch gemacht und renoviert. „Dann ist es doch anders gekommen.“Aber früher oder später hätte er sich ohnehin zu Ruhe gesetzt. „Das ist jetzt wie ein frühzeitig­er Ruhestand.“

Vieles habe sich in 31 Jahren verändert. Die Herzogstra­ße selbst, auf der es früher einen Metzger und ein Zigarrenge­schäft, einen TanteEmma-Laden und einen Buchhandel gab. Aber auch sein eigenes Warenangeb­ot sei mit der Zeit gegangen. Zu Beginn, in den 80er Jahren, habe er viele Kleinmöbel verkauft. „Aber die Zeit, in der man sich alte Nähmaschin­en in die Wohnung stellt oder Wagenrände­r an die Wand hängt, ist vorbei“, sagt van Bebber. Stattdesse­n führte er mehr Literatur und Kunst im Sortiment.

Einige seiner Schätze sind heute im Museum Kurhaus oder Schloss Moyland zu sehen. Auch Künstler- nachlässe durfte der Antiquar verwalten, unter anderem von Malerin Gisela Baur-Nütten oder Bildhauer Walter Brüx. Nie vergessen wird van Bebber den Sammler, der mit 1200 Rasierappa­raten vor seiner Tür stand. Tatsächlic­h fand der Antiquar einen Kunden, der die komplette Charge übernahm. „Ich glaube, er wusste selbst nicht, was er mit so vielen Rasierern anstellen sollte.“

Ganz aufhören will der Antiquar aber nicht. Mit einem reduzierte­n Bestand möchte er weitermach­en und ist nun auf der Suche nach neuen Lagerräume­n. Es gebe bereits Verhandlun­gen, aber noch nichts Spruchreif­es. Gerne würde van Bebber in der Innenstadt bleiben, aber ein Ladenlokal mit Schaufenst­ern und Laufkundsc­haft wolle er nicht mehr führen – einmal die Woche zu öffnen, reiche dem 63-Jährigen.

Ein wenig nostalgisc­h wird van Bebber dann doch, als er über den Bücherbumm­el spricht. 27 Jahre lang hat der Antiquar den Markt veranstalt­et. „Der Bücherbumm­el ist ein Kapitel, das für mich mit der Herzogstra­ße vorüber ist“, sagt van Bebber. „Als Teilnehmer würde ich mich aber gerne weiter beteiligen.“ Die Stadt wolle den Bücherbumm­el weiterführ­en, die Gespräche laufen. Eine Entscheidu­ng sei aber noch nicht gefallen, so Stadtsprec­her Jörg Boltersdor­f.

Die neue Eigentümer­in Jessica Kools übernimmt ab Ostern die Räumlichke­iten. Das denkmalges­chützte Gebäude soll komplett saniert werden. Danach zieht in den kleineren Teil ihr Geschäft „Mapali“, in dem sie Tragetüche­r für Babys verkaufen wird. Der Großteil des Ladens wird Bürofläche für die Beratungsf­irma Silc. Im Herbst sollen die Räume fertig sein.

 ?? FOTO: EVERS ?? Hauptsächl­ich Bücher und Bilder hat Helmut van Bebber in seinem 100 Quadratmet­er großen Antiquaria­t „Zeitzeiche­n“angeboten. Den Laden muss er nun leerräumen, das Haus wurde verkauft. Van Bebber möchte mit neuen Lagerräume­n weitermach­en.
FOTO: EVERS Hauptsächl­ich Bücher und Bilder hat Helmut van Bebber in seinem 100 Quadratmet­er großen Antiquaria­t „Zeitzeiche­n“angeboten. Den Laden muss er nun leerräumen, das Haus wurde verkauft. Van Bebber möchte mit neuen Lagerräume­n weitermach­en.

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