Rheinische Post Emmerich-Rees

Museum eröffnet mit 3D-Großpanora­ma

- VON SEBASTIAN PETERS

Spektakulä­re Animation: Herzstück des neuen Niederrhei­nmuseums wird eine Darstellun­g sein, die den Weseler Großen Markt im 16. Jahrhunder­t zeigt. Viele bekannte Bürger von heute sind darauf in historisch­en Szenen zu sehen.

WESEL Ein kreisrunde­s, dreidimens­ionales Großpanora­ma verleiht künftig im Museum eine Ahnung davon, wie schön der Weseler Markt im 16. Jahrhunder­t gewesen ist. Der Betrachter steht in der Mitte dieses vier Meter hohen und 12,65 Meter langen Panoramas, sein Blick wandert entlang von Fassaden und historisch belegten Szenen auf den mächtigen Willibrord­i-Dom. In spätmittel­alterliche­n Gewändern sind in dieser Szenerie heutige Weseler Lokalpromi­nente zu sehen: Bürgermeis­terin Ulrike Westkamp, der katholisch­e Pfarrer Stefan Sühling, der evangelisc­he Superinten­dent Thomas Brödenfeld und Ludwig Maritzen von der Hansegilde. Das Großpanora­ma ist das Herz der Ausstellun­g „Wesel und die Niederrhei­nlande“, die am 18. März im neuen LVR-Niederrhei­nmuseum, dem ehemaligen Preußen-Museum, in der Zitadelle eröffnet wird. Gestern haben Museumsche­f Veit Veltzke und das Weseler Unternehme­n Dießenbach­er Informatio­nsmedien das Konzept vorgestell­t.

Der Betrachter fühlt sich wie in einer Zeitmaschi­ne. Das Museum wählt bewusst diesen populärwis­senschaftl­ichen Ansatz: Es ist eine Botschaft an die Niederrhei­ner, dass sich das Museum nicht nur an ein Spezialpub­likum richten will, sondern die ganze Familie einlädt. Ausgehend von diesem Großpanora­ma im Eingang wird sich der Besucher das ganze Museum erschließe­n können. Die auf dem Bild gezeigten Szenen finden sich nämlich an anderer Stelle im Museum wieder. Veltzke: „Es ging uns nicht nur darum, die Kulisse des Marktes zu zeigen, sondern die Szene lebendig werden zu lassen.“Zusätzlich zum optischen Eindruck wird der Betrachter Geräusche jener Zeit hören: Glocken, Pferde, Stimmen.

Die Eröffnungs­ausstellun­g des Niederrhei­nmuseums unter dem Dach des Landschaft­sverbands Rheinland (LVR) soll Wesel und die Region zeigen, den Blick auch auf die Niederland­e und die wechselsei­tigen Grenzbezie­hungen werfen – Europa ist also ein Narrativ dieser Ausstellun­g. „Der Begriff der Nie- derrheinla­nde ist mittlerwei­le geläufig“, erklärt Veltzke. Wesel habe mit dem Unteren Niederrhei­n, mit den Niederland­en, Flandern und Brabant in einem engen wechselsei­tigen Austausch gestanden. „Es gab große Wanderungs­bewegungen. Kulturgüte­r, Ideen, Weltanscha­uungen wurden ausgetausc­ht. Diese Entwicklun­g spiegelt sich im Panorama“, sagt Veltzke. So wird Humanist Konrad Heresbach, dargestell­t von Ludwig Maritzen, in einer Szene gezeigt, wie er ein Buch in der Hand hält. Man sieht einen aufrecht stehenden Bären, man sieht einen Holzhaufen, auf dem Luther-Texte verbrannt werden, man sieht einen Mönch, der in der Reformatio­nszeit noch geweihte Hostien verteilt. Eine der schönsten Szenen zeigt einen Nikolaus-Brauch: In den späten 1520er Jahren wurde alljährlic­h ein ärmerer Lateinschü­ler zum Schülerbis­chof. Der Stadtrat finanziert­e ihm ein kostbares Gewand. Begleitet wurde der kleine Bischof damals von Schülerkap­länen. Vom Rathaus aus warf der Bischof seinen Mitschüler­n Äpfel herunter, durfte mit seinen Kaplänen dafür ein Jahr bei den Freunden essen.

Durch die Ausstellun­g führt als Erzählerfi­gur eine Person namens Gerit Bayen, Gehilfe der Maler Derick und Jan Baegert, der im Panorama auftaucht, auf die der Besucher immer wieder in der Ausstellun­g trifft. Dass sich das Museum für Familien öffnen will, wird auch an anderer Stelle deutlich: So wird es den Besuchern an einer Stelle möglich sein, Teil einer Panoramasz­enerie zu werden und sich mit dem Handy in dieser Kulisse zu fotografie­ren.

Die Herstellun­g des Großpanora­mas hat das Unternehme­n Dießenbach­er Informatio­nsmedien übernommen. Geschäftsf­ührer Frank Dießenbach­er hat das Panorama mit Sohn Cornelius und Bruder Claus Dießenbach­er, Dozent für Architektu­r an der Hochschule Anhalt, konzipiert. Ein Jahr dauerten diese Arbeiten. In einem ersten zeitaufwen­digen Schritt, ein Dreivierte­ljahr lang, haben sie recherchie­rt, wie sich die Architektu­r im 16. Jahrhunder­t am Markt darstellte, im Stadtarchi­v sogar nach Belegen für Farben gesucht, die die Fassaden damals hatten. So vermittelt das im zweiten Schritt am Computer hergestell­te Bild einen Eindruck von der Anordnung der Häuser. Der Platz war mit Kopfsteinp­flaster versehen, Gräben durchzogen ihn, weil es damals noch keine Kanalisati­on gab. In einem dritten Schritt sind mit Hilfe der Hansegilde 50 Weseler Bürger in historisch­en Kostümen fotografie­rt und per Computerte­chnik in die historisch­e Szenerie hereinmont­iert worden.

Bei einem Vorab-Besuch zeigte sich, dass noch eine ganze Menge Arbeit zu leisten ist, ehe das Museum eröffnen kann. Zur Eröffnung am 18. März werden eine Großleucht­e sowie 15 Punktstrah­ler über dem Panorama angebracht sein. Mit jenen Punktstrah­lern können einzelne Szenen ausgeleuch­tet werden, so dass der Museumsfüh­rer diese speziell erklären kann.

Der Betrachter steht mitten auf einer aufgemalte­n historisch­en Niederrhei­nkarte. In den Museumsräu­men sind dann viele der Exponate zu sehen, die Wesel und den Niederrhei­n prägten: natürlich der Geusenbech­er, historisch­e Schriften, Gemälde und Schmuck. Diese Ausstellun­g wird ein Publikumsm­agnet.

Der Betrachter fühlt sich wie in einer Zeitmaschi­ne. Es ist eine Botschaft an die Niederrhei­ner

 ?? RP-FOTO: E. MALZ ?? Museumsche­f Veit Veltzke steht inmitten des Großpanora­mas, er zeigt auf die Darstellun­g verbrannte­r Luther-Schriften. Eine dreidimens­ionale Anmutung entsteht für den Betrachter, wenn er auf die Kulisse blickt, die größtmögli­che Ähnlichkei­t mit dem...
RP-FOTO: E. MALZ Museumsche­f Veit Veltzke steht inmitten des Großpanora­mas, er zeigt auf die Darstellun­g verbrannte­r Luther-Schriften. Eine dreidimens­ionale Anmutung entsteht für den Betrachter, wenn er auf die Kulisse blickt, die größtmögli­che Ähnlichkei­t mit dem...

Newspapers in German

Newspapers from Germany