REISE & ERHOLUNG
größte Abfahrtsanbieter der Alpen vor Österreich mit 6800 Kilometern und der Schweiz mit 5800 Kilometern auf den Ausbau der Pisten. Und den chinesischen Markt. Der Skipistenbetreiber Compagnie des Alpes umwirbt den chinesischen Konzern Fosun, dem die Club-Med-Familie gehört.
„Bis 2022 sollen 300 Millionen Chinesen Ski fahren können – das wären so viel wie alle Skifahrer in Europa zusammen“, sagt Bätzing. Er warnt vor „einer ökologischen Katastrophe“. Denn einfach stilllegen geht bei den Beschneiungsanlagen nicht, wenn der Abfahrtstourismus eines Tages nicht mehr läuft. „Die Speicherbecken, von denen Hunderte in Höhen zwischen 1800 und 3000 Metern gebaut wurden, um Pisten künstlich beschneien zu können, müssten zurückgebaut werden, damit sich das Wasser dort nicht unkontrolliert staut und dann als Flutwelle ausbricht.“Das Renaturieren der Skigebiete sei ein riesiger Aufwand.
In den Köpfen müsse ein anderes Winterbild geschaffen werden, fordert Bätzing. Er wirbt für sanften Wintertourismus mit Wandern, selbst Radfahren. „Dafür braucht man keine technische Infrastruktur und kein großes Kapital.“Die Orte könnten Brauchtum zeigen: Feuerradschlagen, Umzüge mit Masken wie die Perchten oder Umzüge mit Schreckgestalten wie bei den Krampusläufen.
Die Schweiz und Österreich bieten schon Winterferien ohne Ski. „Es gibt schon jetzt Angebote, da kommt kein Schnee mehr vor. Wir werben da mit Erholung, Romantik, Kulinarik und Genuss“, sagt Ulrike Rauch-Keschmann, Sprecherin der Österreich-Werbung. „Der Schnee spielt beim Buchen eine große Rolle. Im eigentlichen Urlaub ist es am Kaminfeuer nicht so wichtig, wie dick die Schneedecke draußen ist.“
Nach einer Marktanalyse der Schweizer Bank Credit Suisse gab es im Winter 2016/17 gut ein Viertel weniger Skifahrertage in der Schweiz als 2007/08. Sie schätzt, dass schon 2035 nur noch eine Minderheit der Skigebiete ohne künstliche Beschneiung schneesicher sei. Weil die Schweizer Skigebiete höher lägen als etwa die in Österreich, verbessere sich die Marktposition der Schweizer womöglich vorübergehend. „Ob dies die insgesamt negativen Auswirkungen der Erderwärmung zu kompensieren vermag, ist jedoch fraglich.“
Nach den schneearmen Wintern in den Alpen haben Länder wie Norwegen die Werbetrommel für ihre Skigebiete gerührt. Aber 2016/17 gab es dort auch so wenig Schnee wie seit den 50er Jahren nicht mehr. Sogar Kindergärten schafften Schneekanonen an – denn noch ist ein Winter ohne Skifahren auch für die kleinsten Norweger undenkbar. Auch in Tschechien müssen die 170 Skipisten vor allem zu Beginn der Saison immer öfter künstlich beschneit werden. Der mehrmals und zuletzt 2014 wegen Schneemangels ausgefallene Langlaufklassiker „Isergebirgslauf“startet in der Hoffnung auf bessere Verhältnisse nun erst im Februar.
Auch in den meisten deutschen Mittelgebirgen wird weiterhin in den Wintersport investiert – allerdings sollen die Anlagen auch im Sommer Gästen nützen. Wie eine Umfrage ergab, setzen die meisten Regionen weiterhin auf Liftanlagen und nehmen dafür Millionenbeträge in die Hand.
Beispiel Willingen im hessischen Teil des Sauerlands: Rund zehn Millionen Euro kostet der geplante Achter-Sessellift auf den 837 Meter hohen Ettelsberg. Baubeginn ist nach Ostern.
Experten sind sich einig, dass langfristig Schneesicherheit und Kälte in den deutschen Mittelgebirgen abnehmen, was den Wintersport dort erschweren wird. Auch die Produktion von Kunstschnee könnte nur bedingt helfen, da es dafür Minusgrade haben muss.
Im Thüringer Wald konzentriert das Land seine Investitionen in den Wintertourismus nur in ausgewählte Standorte. Dort ist aber auch eine größer angelegte künstliche Beschneiung nicht nur auf Alpinpisten, sondern auch auf Langlaufloipen denkbar. 3,8 Millionen Euro flossen kürzlich in die „Winterwelt Schmiedefeld“. In Oberhof gibt das Land 5,3 Millionen Euro für den Umbau des Fallbachlifts.
Im Erzgebirge hat man den Plan B für mildere Winter nicht nur in der Schublade, sondern feilt bereits daran. Ein neues Konzept richte den Fokus nicht nur auf Ski alpin und Langlauf, sondern auch auf schneeunabhängige Angebote, sagte Doreen Burgold vom Tourismusverband Erzgebirge. Das gilt auch für das Fichtelgebirge in Nordbayern: Die hier geplante Gondelbahn am Ochsenkopf soll auch im Sommer für Wanderer oder Mountainbiker in Betrieb sein.