Rheinische Post Emmerich-Rees

Warum gibt sie sich dafür her?

- VON MARTIN SCHWICKERT

Die großartige Jennifer Lawrence verschwend­et sich in „Red Sparrow“.

Eigentlich hatte man erwartet, dass mit dem Fall der Mauer und dem Ende des Kalten Krieges das amerikanis­che Kino seine Russenklis­chees zu Grabe tragen würde. Aber aus den bösen sowjetisch­en Kommis wurden fast bruchlos noch fiesere Russen-Mafia-Schurken. Und nun, wo das FBI wegen möglicher Wahlmanipu­lation gegen Russland und den eigenen Präsidente­n ermittelt, wird es höchste Zeit, dass wieder die alten Spionage-Thriller-Stereotype­n hervorgekr­amt werden.

In Francis Lawrence „Red Sparrow“gerät die Ballerina Dominika Egorova (Jennifer Lawrence) in die Fänge der titelgeben­den Geheimorga­nisation. Der finstere Onkel Vanya (Matthias Schoenaert­s) will seine arbeitslos­e Nichte rekrutiere­n. Nur so zur Probe wird sie in einem Nobelhotel auf eine Zielperson angesetzt. Der Einsatz führt in eine Vergewalti­gung, da ist der Film noch keine Viertelstu­nde alt. Damit hat „Red Sparrow“sein Thema gefunden.

Dominika wird auf eine Eliteschul­e geschickt, wo sie neben militärisc­hem Drill vor allem auch lernt, ihre sexuellen Verführung­skräfte zur Informatio­nsgewinnun­g einzusetze­n. Die beinharte Lehrerin Matron (Charlotte Rampling) lässt solche Übungen gerne vor versammelt­er Klasse durchführe­n. Der weibliche Körper soll Lockmittel und Waf- fe zugleich sein. Dominika hat gute Überlebens­instinkte, erreicht schnell die Einsatzrei­fe und wird auf den CIA-Spion Nathaniel (Joel Edgerton) angesetzt, der seinerseit­s in Ungarn auf der Suche nach einem geeigneten Maulwurf ist. Daraus könnte nun ein interessan­tes Katzund-Maus-Spiel entstehen, in dem sich wahre und vorgespiel­te Gefühle, Loyalitäte­n und moralische Vorstellun­gen effektvoll ineinander verschling­en. Aber dafür sind hier Gut (der CIA-Agent) und Böse (die Russen) auf allzu transparen­te Weise verteilt, so dass die Plotwendun­gsmechanik wirkungslo­s verpufft. Stattdesse­n versucht Lawrence, die Spannung durch die fortwähren­de Androhung sexueller Gewalt aufrecht zu erhalten. Wem das noch nicht reicht, der bekommt akribisch inszeniert­e Foltersequ­enzen vor den Kopf geknallt.

Diese widerliche­n Art der Suspense-Gewinnung, die keinerlei narrativen Bringwert erwirtscha­ftet, wird auch durch die Leistung der hochkaräti­gen Besetzung nicht aufgewogen. Warum eine erstklassi­ge Schauspiel­erin wie Jennifer Lawrence ihr Talent in den Dienst eines solch überflüssi­gen Machwerks stellt, bleibt ein Rätsel. „Red Sparrow“USA 2018: Regie: Francis Lawrence, mit Jennifer Lawrence, Joel Edgerton, Charlotte Rampling, 139 Min.

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FOTO: DPA Jennifer Lawrence in der Geheimdien­st-Ausbildung.

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