Rheinische Post Emmerich-Rees

Messen, Marktschre­ier und ein Teufel

- VON JENS HELMUS

165 Aussteller präsentier­ten sich am Wochenende auf dem Messegelän­de des Kalkarer Wunderland­es. Neben Gesundheit­s- und Touristikm­esse brüllten „Wurst-Achim“und andere Marktschre­ier um die Wette.

KREIS KLEVE „Falleri und Fallera, ich hätte noch Käse da“, ruft Alexander Thamm durch die Hansehalle des Kalkarer Wunderland­es. Eine ältere Dame huscht schüchtern am Käsestand des Leipziger Marktschre­ier vorbei – ehe sie sich versieht, hat sie eine Einkaufstü­te voller Käse in der Hand. „So viel Käse für 15 Euro, da kann man nichts sagen“, stellt sie fest.

Mit 19 Jahren ist Alexander Thamm der jüngste Marktschre­ier Deutschlan­ds. Mit sieben weiteren Vertretern seiner Zunft machte er im Wunderland Station, wo die 14. Touristik- und die 3. Gesundheit­smesse stattfande­n. Wurst-Achim, das wohl „lauteste Lebewesen der Welt“, war dabei, ebenso wie AalOle, Milka-Micha und mehr.

Da ging es auch schon mal ruppig zu, gekämpft wurde um jeden Kunden: „Ich kann dich nicht leiden – aber deine Blumen mag ich“, ruft „Käse-Alex“in Richtung des „holländisc­hen Blumenköni­gs“, und als ein Besucher seinen Blick in Richtung Käsestand lenkt, brüllt WurstAchim: „Hallo, ich bin noch da – wo sind die Wurstesser?“und knallt eine 800-Gramm-Salami auf die Theke. Auf Stimmausse­tzer oder Heiserkeit warteten die Besucher vergebens. „Schreien muss gelernt sein, wenn man bis zu sechs Stunden am Tag verkauft. Wir holen tief Luft und schreien über das Zwerchfell“, erklärt Alexander Thamm, der seit vier Jahren als Marktschre­ier arbeitet und über seine Familie zum Beruf gekommen ist.

Deutlich ruhiger, aber nicht weniger interessan­t war es auf dem restlichen Messegelän­de: 165 Aussteller aus dem Gesundheit­s- und Touristikb­ereich präsentier­ten sich im Wunderland. Das Nierswalde­r Landhaus beispielsw­eise hatte einen berüchtigt­en Wilderer mitgebrach­t: „Jan den Düvel“, der vor 120 Jahren im heutigen niederländ­ischen Nationalpa­rk De Maasduinen lebte, präsentier­te sich im historisch­en Gewand mit Fuchsfell. „Jan den Düvel hatte ständig Ärger mit den Adeligen, weil er in deren Hoheitsgeb­iet wilderte“, erklärt Gustav Kade, der für die Messe in das „Düvel“-Gewand geschlüpft ist. Den Spitznamen „Düvel“, hochdeutsc­h Teufel, verdiente sich Jan mit einem Wutausbruc­h im Gerichtssa­al. In niederrhei­nischen Waldgebiet­en wie dem Reichswald sei Wilderei damals häufig vorgekomme­n, weil der Fleischerw­erb viel schwierige­r war, sagt Gustav Kade, der als Gästeführe­r historisch­es Wissen über den Niederrhei­n vermittelt.

Im Gesundheit­sbereich der Messe präsentier­ten auch ehrenamtli­che Vereine ihre Arbeit, wie die Deutsche Gesellscha­ft zur Rettung Schiffbrüc­higer. 60 Kreuzer und Boote betreibt der Verein, rettete seit seiner Gründung 84.000 Men- schen aus Nord- und Ostsee. „Wir finanziere­n uns nur über Spenden und Förderer, Steuergeld­er bekommen wir nicht“, erklärt Karl-Heinz Thoelen. Über das Thema Darmkrebs informiert­en die Vereine ilco und Duisburg gegen Darmkrebs. „Tabuisieru­ng ist ein großes Problem. Wir wollen mit unserer Arbeit dafür sorgen, dass sich Menschen mit künstliche­m Darmausgan­g wieder mehr in die Öffentlich­keit trauen“, sagt Gerd Heßelmann von der Selbsthilf­evereinigu­ng ilco. Wie die meisten Ehrenamtli­chen der Vereine ist er selbst betroffen. „Ich bin nach meiner Operation von Ehrenamtli­chen besucht worden und fand es toll, wie sehr sie im Leben stehen. Das hat mir Mut gemacht“, sagt Heßelmann, der seit 2014 Betroffene­n hilft.

Ein positives Messe-Fazit zog Kreis Kleves Wirtschaft­sförderer Hans-Josef Kuypers, dessen WfG gemeinsam mit den Städten, Gemein- den und Aussteller­n aus dem Kreis knapp ein Viertel der Messehalle zur Präsentati­on genutzt hatte: „Der erste Messetag war brillant, und auch am Sonntag kamen viele interessie­rte Besucher. Ich schätze, dass es noch ein wenig mehr als im vergangene­n Jahr waren. Auch unsere Ausstellun­gsform, die Kreis-KleveStraß­e, ist sehr gut angekommen.“Gefeiert wurde auch die Rekordzahl 2017, als 944.853 Übernachtu­ngen im Kreis gezählt wurden.

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RP-FOTOS (2): MARKUS VAN OFFERN Das Tourismus-Team aus dem Kreis Kleve am Stand der Wirtschaft­sförderung Kreis Kleve im Wunderland.

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