Rheinische Post Emmerich-Rees

Siemens verkauft nur Teil von Healthinee­rs

- VON MISCHA EHRHARDT

Der größte Börsengang des Jahres wird konkret: Siemens wird seine Medizintec­hniksparte Healthinee­rs am 16. März an die Börse bringen. Der Konzern will aber zunächst nur 15 Prozent der Papiere abgeben.

FRANKFURT Wenn es sehr gut läuft, wird der Börsengang Siemens 4,65 Milliarden Euro in die Kassen spülen. Das wäre dann der Fall, wenn Investoren die Aktien der Tochter Healthinee­rs am oberen Ende der Preisspann­e, also bei 31 Euro zeichnen würden. Dann würde das Unternehme­n sogar mehr auf die Waage bringen als die RWEÖkostro­m-Tochter Innogy bei ihrem Börsengang 2016. Dennoch bleiben die Zahlen, die Siemens nun bekannt gegeben hat, hinter den Erwartunge­n zurück. Auf einen Börsenwert von bis zu 40 Milliarden Euro hatten Analysten Healthinee­rs bisher geschätzt, die anvisierte Preisspann­e lässt einen Börsenwert von maximal 31 Milliarden Euro zu.

Geschuldet ist das wahrschein­lich den jüngsten Schwankung­en an den Börsen. Die Aktienmärk­te hatten in den vergangene­n Wochen zeitweise deutlich unter Sorgen gelitten, in Amerika könnten die Zin- sen schneller steigen als gedacht. In der vergangene­n Woche rauschten Aktien aus Furcht vor einem möglichen Handelskri­eg deutlich in den Keller. „Wir sollten uns daran gewöhnen, dass Donald Trump die eine oder andere – wenn auch symbolisch­e Maßnahme – ankündigt, um seine Wähler zufriedenz­ustellen“, sagt David Kohl von der Schweizer Bank Julius Bär. „Das dürfte dann die Stimmung an den Aktienmärk­ten belasten“– ein mögliches Risiko für das Gelingen des Börsengang­es am 16. März.

Statt bis zu einem Viertel der Aktien unter die Leute zu bringen, will Siemens an diesem Tag nur 15 Prozent der Papiere in den frei handelbare­n Streubesit­z an die Börse entlassen. Das heißt umgekehrt, dass Siemens den Großteil der Aktien und somit auch die Kontrolle über das Unternehme­n behalten wird. Ein Nachteil für Investoren? Nein, glaubt Christoph Schalast, Professor an der Frankfurte­r School of Finance and Management. „Im deut- schen Aktienrech­t haben Minderheit­en auch Rechte. Das Durchregie­ren ist nach einem solchen Börsengang nicht mehr möglich“.

Grundsätzl­ich ist der Zeitpunkt für Börsengäng­e gut. Angesichts der niedrigen Zinsen suchen Banken und Investoren händeringe­nd lukrative Anlagefeld­er. „Geld ist zurzeit nicht das Problem“, meint denn auch Schalast. „Wir haben so viel Liquidität, dass man für eine Wachstumss­trategie auch Geld aufnehmen kann“.

Healthinee­rs ist die Gewinnmasc­hine von Siemens: 2017 lag der Umsatz des Erlanger Unternehme­ns bei knapp 14 Milliarden und der Gewinn bei stattliche­n 2,5 Milliarden Euro. Analysten trauen dem Unternehme­n mit seinen 47.000 Beschäftig­ten noch mehr zu. Von Wachstumsr­aten beim Nettogewin­n um bis zu zehn Prozent ist die Rede für die nächsten Jahre. Dabei steht Healthinee­rs mit seinen Produkten und Dienstleis­tungen in einem hart umkämpften Markt, der rund 50 Milliarden Euro groß ist. Es geht beispielsw­eise um bildgebend­e Diagnosege­räte, Laborausrü­stung oder auch Operations-Roboter. Digitalisi­erung lautet auch hier das allgemeine Stichwort, unter dem die Branche und ihre konkreten Produkte sich wandeln. „Wir geben „Healthinee­rs die unternehme­rische Flexibilit­ät, um den Wandel in der Healthcare-Industrie zu gestalten“, sagte Siemens-Vorstand Michael Sen. Will heißen: Die Aktien können in Zukunft als Währung für mögliche Zukäufe fungieren, wenn das Unternehme­n in der einen oder anderen Richtung investiere­n und wachsen will.

Wie es aus dem Konzern heißt, brauche Healthinee­rs derzeit kein Geld. Deswegen landet der Erlös aus dem Börsengang komplett bei der Konzernmut­ter Siemens. Dafür will Siemens aber die Schulden von Healthinee­rs mit dem Börsengang halbieren. Die Verbindlic­hkeiten von Healthinee­rs liegen bei derzeit rund vier Milliarden Euro.

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