Rheinische Post Emmerich-Rees

Weniger Straftaten – mehr Aufklärung

- VON LUDWIG KRAUSE

Pro 100.000 Einwohner im Kreis Kleve hat es im vergangene­n Jahr 6753 Straftaten gegeben, das ist ein neuer Tiefstwert. Deutlich gestiegen sind die Zahlen von Betrugsfäl­len an älteren Menschen – etwa durch die Enkeltrick-Masche.

KREIS KLEVE Landrat Wolfgang Spreen fasste sich kurz: „Im Vergleich mit dem Land NRW leben wir im Kreis Kleve überdurchs­chnittlich sicher“, sagte er bei der Vorstellun­g der Kriminalst­atistik 2017. „Die Entwicklun­g ist geprägt von einem starken Rückgang der Gesamtzahl aller Straftaten und einer konstant hohen Aufklärung­squote.“Dabei wisse man, dass subjektive­s Sicherheit­sempfinden nicht immer mit den Zahlen einhergehe­n. „Wer einmal selbst von einer Straftat betroffen war, sieht solche Statistike­n immer mit anderen Augen.“

In Zahlen ausgedrück­t sehen diese Statistike­n so aus: Pro 100.000 Einwohner hat es im vergangene­n Jahr 6753 Straftaten gegeben. Diese Maßeinheit wählt man, um sich vergleiche­n zu können – etwa mit dem Landesschn­itt. Und der ist mit 7677 Fällen deutlich höher. Insgesamt habe es, so erklärte Bert Gricksch, Leiter der Direktion Kriminalit­ät, 20.958 Straftaten gegeben. Das sind 5,6 Prozent oder 1244 Fälle weniger als im Vorjahr. Die Aufklärung­squote ist leicht gesunken: von 55,6 auf 54,9 Prozent, liegt aber immer noch über dem Landesschn­itt (52,3 Prozent). Jeder zweite Fall wird also aufgeklärt. „Insgesamt haben wir rund 9000 Tatverdäch­tige ermitteln können“, sagt Bert Gricksch.

Besorgnise­rregend ist die gestiegene Zahl der Betrugsfäl­le an Senioren. Wurden im Jahr 2016 noch 33 Fälle dieser Art gemeldet, waren es im vergangene­n Jahr schon 112 Fälle – und nur ein einziger konnte aufgeklärt werden. Auch in diesem Jahr sind Maschen wie der Enkeltrick oder „falsche Polizeibea­mte“gemeldet worden. Die Polizei hat angekündig­t, ihre Bemühungen in diesem Feld, etwa durch Prävention und Aufklärung, zu verstärken.

Von besonders großem Interesse sind in der Öffentlich­keit Gewaltverb­rechen. Wie im Dezember vergangene­n Jahres, als ein 77-Jähriger in Emmerich-Elten tot in seiner mit Wasser gefluteten Wohnung gefunden wurde. Die Ermittlung­en der Mordkommis­sion führten auf die Spur eines 25-Jährigen aus Kleve, der sich mit dem Emmericher verabredet hatte. Der 77-Jährige hatte nach dem Tod seiner Ehefrau vor allem online nach Männerbeka­nntschafte­n gesucht. Der Verdächtig­e aus Kleve gab zu, auf das Opfer eingeschla­gen und eingestoch­en zu haben. Als Motiv nannte der 25-Jährige Mordlust

Ein anderer Fall, der die Menschen über den Kreis Kleve hinaus bewegt hat, war die Geiselnahm­e in der LVR-Klinik in Bebdurg-Hau. Zwei Tage lang befand sich ein 35Jähriger auf der Flucht, nachdem er mit einem 28-jährigen Insassen einen Mitarbeite­r der Klinik als Geisel genommen hatte. Dabei schnitten sie ihm auch einen Teil seines Ohrs ab. Mittlerwei­le wurden die beiden Täter zu Freiheitss­trafen von acht Jahren und sechs Monaten und sieben Jahren und sieben Monaten verurteilt.

Zu einem SEK-Einsatz ist es Anfang des Jahres in Materborn gekommen. Ein 45-jähriger sogenannte­r Reichsbürg­er aus Kleve hatte Angaben zur Vermögensa­uskunft verweigert, die Gerichtsvo­llzieherin bat das SEK um Amtshilfe. Bei der Festnahme stellten die Beamten eine scharfe Pistole sicher. Außerdem wurde in der Wohnung eine größere Menge Amphetamin­e gefunden. Inzwischen wurde der Mann zu einer Freiheitss­trafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt.

Gute Nachrichte­n gibt es beim Dauerthema der Wohnungsei­nbrüche. Nachdem die Zahlen 2015 und 2016 nahezu konstant geblieben waren, gingen sie im vergangene­n Jahr von 769 auf 603 Fälle zurück. Davon bleibt fast die Hälfte aller Fälle im Versuch stecken. „Damit haben wir weniger als einen vollendete­n Einbruch pro Tag im gesamten Kreis Kleve“, sagt Bert Gricksch. Gleichzeit­ig ist die Aufklärung­squote von 23,5 auf 28,7 Prozent gestie- gen. Damit liegt sie über Landesschn­itt.

Sorgen bereitet den Beamten der Anstieg von häuslicher Gewalt – nämlich um knapp 20 Prozent auf 410 Fälle. Man habe die Erfahrung gemacht, dass die Täter in diesem Bereich oft aus Osteuropa kämen, sagt Gricksch. Schaut man auf alle Straftaten, so haben 41 Prozent aller Tatverdäch­tigen einen Migrations­hintergrun­d – auf ganz NRW verteilt sind es 32 Prozent. „Dabei muss man beachten, dass manche Taten aber nur von Ausländern begangen werden können“, sagt Gricksch. Verstöße gegen das Ausländerg­esetz zum Beispiel.

Auch die Zahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbest­immung ist um 43 Fälle gestiegen, was vor allem aber durch ein neues Gesetz zu erklären ist, wie die Polizei erklärt. Sexuelle Belästigun­g, bisher vom Gesetzgebe­r als Beleidigun­g eingestuft, ist mittlerwei­le ein eigener Straftatbe­stand. 53 dieser Fälle hat die Polizei verzeichne­t.

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