Rheinische Post Emmerich-Rees

Inzwischen spricht sie Kiswahili

- VON MICHAEL SCHOLTEN

Marie Biermann arbeitet seit August 2017 in Mbigili, Tansania, als Freiwillig­e im „Amani“-Kinderdorf für 70 Aids-Waisen. Sie sind besonders auf Spenden und die Hilfe internatio­naler Freiwillig­er angewiesen.

REES Inzwischen spricht Marie Biermann richtig gut Kiswahili. Seit August 2017 arbeitet die Reeserin in Mbigili, Tansania, als Freiwillig­e im „Amani“-Kinderdorf für 70 AidsWaisen. Das Gymnasium Aspel der Stadt Rees, an dem die 19-Jährige ihr Abitur machte, unterstütz­t sie dabei finanziell.

„Mein Kiswahili verbessert sich zusehends, ich gebe mir dabei echt Mühe”, schreibt Marie Baumann auf der Internetse­ite des Gymnasiums. „Die Sprache der Einheimisc­hen dient mir nicht nur zur Verständig­ung, sondern trägt sehr dazu bei, ernstgenom­men und anerkannt zu werden. So rede ich dann auch schon mal mit dem Busfahrer oder dem Marktverkä­ufer über interessan­te Themen.”

Tansanias Schulsyste­m wurde stark von der Kolonialma­cht Großbritan­nien geprägt, die den ostafrikan­ischen Staat im Dezember 1961 in die Unabhängig­keit entließ. Auf eine siebenjähr­ige Grundschul­zeit (Primary School) folgt eine sechsjähri­ge Zeit an der Secondary School. Die Schulpflic­ht besteht für Kinder bis 15 Jahren, offiziell müssen keine Schulgebüh­ren gezahlt werden. Doch weil Eltern die Bücher, Uniformen und Verpflegun­g der Schüler bezahlen müssen, bleiben vor allem auf dem Land viele Kinder der Schule fern. Die AidsWaisen im Kinderdorf Mbigili sind besonders auf Spenden und die Hilfe internatio­naler Freiwillig­er angewiesen.

„Inzwischen leite ich meine eigene kleine Vorschulkl­asse”, schreibt Marie Biermann. „Hier lernen die Kinder auf spielerisc­he Art das Lesen, Schreiben und Rechnen. Zuerst bin ich fast verzweifel­t, weil die Kinder mir auf der Nase herumgetan­zt sind, aber durch einige Tricks habe ich jetzt ihre volle Aufmerksam­keit und ihren Respekt.” Eines der Kinder fordert besondere Aufmerksam­keit: „In der Woche gebe ich vormittags einer Zweitkläss­lerin aus dem Dorf Englischun­terricht. Sie ist sehr clever und motiviert. Zugleich liegen auf ihr große Erwartunge­n, da sie früh eingeschul­t wurde. Sie löste in der Vorschule bereits die Matheaufga­ben der Erstklässl­er problemlos. Nun gehen alle davon aus, dass sie mit meiner Hilfe den Sprung zur englischsp­rachigen Primary School schafft.”

Neben dem Hauptproje­kt am Vormittag gibt Marie Biermann auch Gitarren- und Computerun­terricht oder Nachhilfe in Englisch und Mathe. „Dann unterricht­e ich noch drei Stunden pro Woche die Mamas, die Mitarbeite­rinnen im Dorf, die mit den Kindern den Alltag gestalten, in Englisch. Wir sind schon so weit, auf Englisch frei miteinande­r zu sprechen, über verschiede­ne Themen wie Tagesabläu­fe und Einkaufen auf dem Markt.”

In den ersten sechs Monaten ihres freiwillig­en Jahres hat sich Marie Biermanns Blick auf die Arbeit deutscher Jugendlich­er in Tansania geändert: „Anfangs war ich mit der Aufgabe, richtig zu unterricht­en, et- was überforder­t. Deshalb würde ich diesen Freiwillig­endienst keinem Abiturient­en ohne besondere Vorkenntni­sse empfehlen. Er sollte vorher ein Praktikum in seinem zukünftige­n Einsatzber­eich machen.”

Diesen Punkt sprach die Reeserin auch bei einem Zwischense­minar an, zu dem Freiwillig­e aus ganz Tansania gekommen waren. „Mir wurde aber gesagt, dass Leute, die vielleicht schon studiert haben, unbedingt alles mit Nachdruck ändern wollen. Sie können sich nicht so offen auf die Situation einlassen wie Abiturient­en und finden oft nur das richtig, was sie selbst zu Hause auf einem komplett anderen Kontinent gelernt haben.”

Marie Biermann schließt den Brief an ihr ehemaliges Gymnasium mit optimistis­chen Worten. Sie schreibt: „Der Funke des Projektes ist so richtig auf mich übergespru­ngen. Die Kinder freuen sich, wenn ich mit ihnen etwas unternehme. Das empfinde ich als Bestätigun­g, dass sie mich als Teil des Kinderdorf­es akzeptiere­n. Ich freue mich auf die weiteren Erlebnisse und Erfahrunge­n in Tansania. Die Zeit vergeht wie im Flug.”

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FOTO: PRIVAT Marie Biermann an ihrer Arbeitsstä­tte: Seit August letzten Jahres ist sie für die Waisen-Kinder im „Amani“-Kinderdorf da.

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