Rheinische Post Emmerich-Rees

Das Scala – Geschichte einer Rettung

- VON SEBASTIAN PETERS

Vor fünf Jahren eröffnete in Wesel ein Kulturspie­lhaus im ehemaligen Kino direkt am Bahnhof. Unermüdlic­h kämpft

Karin Nienhaus für kulturelle­s Leben in der Stadt. Sie gerät immer wieder an Grenzen – und macht doch weiter.

WESEL Wenn alles gut wäre, dann könnte dies die Geschichte einer Rettung sein. Die Geschichte ginge dann so: Altes Weseler Kino, akut vom Verfall bedroht, wird zur Kultureinr­ichtung, die Menschen kommen in Scharen, die Kasse quillt über. In dieser Geschichte wäre Karin Nienhaus (40), gebürtige Weselerin, die strahlende Heldin. Ganz so geht aber leider die Geschichte nicht – und gerade deshalb muss das erzählt werden. Was sich in den vergangene­n fünf Jahren im alten Weseler Kino Scala, heute ein Kulturspie­lhaus, ereignet hat, ist im Grunde die Geschichte einer permanente­n Rettung. Die Hauptprota­gonistin Karin Nienhaus ist zwar wirklich eine strahlende Heldin, weil sie oft lächelt und offenbar mit einem ganz besonders sonnigen Gemüt ausgestatt­et wurde. Viel- Platz. Aber Nienhaus sagt, sie persönlich werde davon nicht reich. Im Gegenteil: „Wenn ich meinen Freund nicht hätte, der mich so viel unterstütz­t, wenn es unsere Eltern nicht gäbe, die so viel mitziehen, dann würde der Laden nicht laufen.“Da ist schließlic­h noch eine kleine Tochter, die Zuwendung einfordert.

Immer wieder muss Nienhaus in ihre Veranstalt­ungshalle investiere­n. Tausende Euro seien schon reingeflos­sen, schätzt Nienhaus. Und es sagt einiges über ihr sonniges Gemüt, dass sie diese Zahlen nicht genauer nachgehalt­en hat. Skeptiker aus anderen Kulturinst­ituten und Vereinen werfen ihr vor, in fremdem Terrain zu fischen, wenn sie jetzt auch klassische Konzerte organisier­t. Nienhaus und ihr Publikum mischen die Weseler Szene auf.

Wer das Scala betritt, der ahnt noch, dass hier mal ein Kino war. Die Grandezza dieses Hauses, in der viele Klassiker der Kinogeschi­chte liefen, ist noch nicht verschwund­en. Da ist die weiße Leinwand aus einer Zeit, in der man am Niederrhei­n nicht mal ahnte, wie man Multiplex buchstabie­rt. Auf einer größeren Leinwand dahinter waren erst kürzlich die Filme des ersten deutschnie­derländisc­hen Filmfestiv­als zu sehen sein. Das Weseler Pendant zu Cannes – statt einer Palme gibt es hier aber hier die silberne Kopfweide als Preis. Auf die Veranstalt­ung ist Karin Nienhaus sehr stolz. Sie hofft, dass dieses Festival das Bewusstsei­n der Weseler für diese Veranstalt­ungshalle hat wachsen lassen. Sie hofft, dass damit ihr Baby Scala weiter wächst.

Die Weseler können dabei helfen: Schon jetzt gibt es zahlreiche Unterstütz­er. Man kann Mitglied des Fördervere­ins werden oder gleich eine Sitzpatens­chaft übernehmen. 250 Euro kostet die im Jahr. Auf einem Stuhl wird dann der Name des Sitzpaten eingetrage­n. Einmal im Jahr werden alle Sitzpaten zu einer ausgewählt­en Veranstalt­ung eingeladen, inklusive aller Getränke. Auch einige Weseler Politiker haben schon eine solche Patenschaf­t, sagt Nienhaus.

Die Chefin des Scala befindet sich ständig auf Werbetour für ihr Haus. Und noch mehr Möglichkei­ten ergeben sich, seitdem es neben dem großen Scala auch den „Kleinen Salon“gibt, ein mit ollen Möbeln ausgestatt­etes Wohnzimmer, in dem gut und gerne 50 Leute Platz finden. Hier finden mittlerwei­le eine Vielzahl der Scala-Veranstalt­ungen statt. Auch klassische Konzerte sind hier schon gespielt worden. Karin Nienhaus ist nämlich auch eine Königin der Improvisat­ion. Warum sie das alles macht? Nienhaus zögert nicht lange: „Weil ich meine Heimatstad­t sehr, sehr mag.“

Nicht ausgeschlo­ssen, dass sie auch in fünf Jahren mit dem Projekt Rettung befasst sein wird. Aber auch an den Status einer permanente­n Rettung kann man sich schließlic­h gewöhnen. Karin Nienhaus sagt, sie werde weitermach­en. „Weil ich an dieses Haus hier glaube.“

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RP-FOTOS (5): SEBASTIAN PETERS Karin Nienhaus vor dem Rolltor, das sie immer öffnet, wenn es im Scala wieder eine Veranstalt­ung gibt. Zwei waren es am Anfang monatlich, mittlerwei­le nicht selten 30.

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