Der Landrat schlägt zurück
Michael Heinricks von den freien Wählern sprach aus, was sich vermutlich einige Kreistagsmitglieder dachten: Selten oder nie habe man den Landrat so leidenschaftlich reden hören, „und diese Rede hätte ich mir schon viel früher gewünscht!“Tatsächlich erlebten die Fraktionsvertreter am Donnerstagabend im Kreistag, als es um die Ausländerbehörde ging, mal nicht (nur) den Verwaltungschef, der nach Recht und Gesetz handelt und nüchterne Fakten darstellt, sondern einen politischen Landrat, der Stellung bezog, sich wehrte, zurückschlug, auch schon mal polemisierte. Das wird manchen Grünen, Sozialdemokraten oder Liberalen geärgert haben, aber immerhin bestand mal die Chance, sich aneinander auszutoben. Wolfgang Spreen war anzumerken, dass ihn die Situation sehr beschäftigt. Vehement wehrte er sich gegen Begriffe wie „Chaos“oder „Schikane“, stellte sich vor seine Leute, redete nicht klein, sondern offenbarte das Problem in seiner ganzen Tragweite.
Allerdings wird vom Behördenchef eine Lösung erwartet, und die scheint noch weit weg. Wer sich mit dem Arbeitsmarkt am Niederrhein beschäftigt und sich wegen fehlender Ärzte und Fachkräfte in fast allen Branchen sorgt, der wird dem Chef der Kreisverwaltung abnehmen, dass er trotz Bemühungen keine zusätzlichen Mitarbeiter für das als schwierig geltende Amt findet. Dies schlicht zu konstatieren bringt aber nicht weiter. Und neben Beispielen dafür, dass Ausländerämter vor lauter Arbeit in die Knie gehen, gibt es eben auch Beispiele dafür, dass eine Behörde mit den Herausforderungen zurechtkommt. Im Kreis Wesel etwa scheint das so zu sein. Vielleicht könnte man die Nachbarn mal um Rat bitten?
Allein schon das Eingeständnis, einfach mal nicht klarzukommen mit einer Lage, dürfte dem Landrat einige Sympathiepunkte eingebracht haben. Wenn Politiker (und vor allem ihre Wähler) Offenheit und Transparenz einfordern, dann kann eben auch passieren, dass sie mal Zeugen einer unbefriedigenden Situation werden.