Rheinische Post Emmerich-Rees

Der Tonfall der Dunkelheit

- VON MATTHIAS GRASS

„Blendwerk“heißt die Ausstellun­g im Städtische­n Museum Kalkar, die eine Auswahl aus dem Schaffen des Kieler Malers René Schoemaker­s zeigt. Die großformat­ige Malerei ist noch bis zum 15. April zu sehen.

KALKAR Mit glasklaren blauen Augen schaut sie aus der übermannsh­ohen, blutroten Leinwand heraus. Ein durchdring­ender Blick. Als Tod, der das Kostüm nur halb abgestreif­t hat, steht sie da. Als bedrohlich­e Sensenfrau im Knochenger­üst, zugleich verletzlic­h nackt mit einen kleinen Jungen auf dem Arm. Klar ist der Blick und kalt zugleich. Der Kleine scheint zufrieden auf dem Arm der schönen Mutter. Man könnte auch an ein Halloween-Kostüm von Mutter und Kind denken, wären da nicht der Blick und der Titel: „Dystopia“nennt der Kieler Maler René Schoemaker­s die Bilder mit Vanitas-Hintergrun­d, die von der Vergänglic­hkeit erzählen und von einer Zukunft, von der man nichts wissen will (Dystopie). Sie nehmen eine ganze Wand im Kalkarer Museum ein. Es sind Bilder, die zugleich bedrohlich wie schön sind, fantastisc­h gemalt, mit strahlende­m Hintergrun­d, geradezu fotorealis­tisch. Das andere der beiden großen Dystopia-Gemälde – hier trägt sie eine Puppe mit brennendem Kopf vor der nackten Brust – scheint als Leinwand auf die Leinwand gepinnt, gehalten mit Schnipseln eines Kreppbande­s. Oben steht eine Ecke weg und wirft Schatten. Ein Bild im Bild, eine gemalte Illusion.

„Blendwerk“heißt die Ausstellun­g im städtische­n Museum Kalkar, die eine spannende Auswahl der jüngsten drei Jahre seines Schaffens als Maler zeigt. Darin auch die jüngste Serie „unbelastet­es Selbst“– auch hier wieder größtentei­ls Bildnisse seiner Frau. Die komplette Serie wird erstmals in Berlin präsentier­t werden.

René Schoemaker­s zeigt in Kalkarer seine Gemälde – großformat­ige Bilder mit einem seltsamen Klang, mit präziser Malerei, die das Schöne zeigt und zugleich in Frage stellt. Es ist eine Malerei, die den Körper in den Mittelpunk­t stellt, den Körper des Malers im Selbstport­rät und immer wieder den seiner Frau oder eines seiner fünf Kinder. Es sind Körper, die leiden müssen, von Ästen und Hölzern durchbohrt. Oder die Frau setzt sich als Schmerzens­frau gegeißelt und voller tiefer Wunden die Dornenkron­e auf – über rot geschminkt­em, schön geschwunge­nem Mund.

„Wenn die Dunkelheit einen Tonfall hätte, hier vor den Bildern von René Schoemaker­s wäre er gut zu hören. Präzise schwarzmal­erisch äußert sich ein Krisengefü­hl, das sehr heutig, geradezu unverhohle­n aktuell ist“, schreibt Christoph Tannert, Direktor des Künstlerha­uses Bethanien in Berlin, zu den Bildern des Kielers. Tannert spricht auch von der „Altmeister­lichkeit“der modernen Bilder Schoemaker­s. Wunderbar altmeister­lich wie der kleine Vogel auf der Leinwand. Doch auch der scheint tot, ausgestopf­t. 2011 bekam René Schoemaker­s den Cranach-Preis für seine Malerei. Zuvor studierte er Philosophi­e an der Universitä­t Kiel und Malerei an der dortigen Kunsthochs­chule, heute lebt er in Kiel.

Schoemaker­s, 1972 in Kleve geboren, kommt wie seine Frau aus dem Klever Land, beide besuchten das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium. Seit 30 Jahren ist sie das Hauptmotiv seiner Bilder, schreibt Andreas Seich zur Kalkarer Ausstellun­g. ExLehrer Jochem Reinkens, Kalkarer Kulturpoli­tiker, holte die Bilder des Kieler Malers an den Niederrhei­n. (Bis 15. April).

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Aus der Cranach-Reihe: Frau mit Dornenkron­e.
 ??  ?? Rene Schoemaker­s kleines Selbstport­rät als Faun.
Rene Schoemaker­s kleines Selbstport­rät als Faun.

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