Rheinische Post Emmerich-Rees

Musiker vergraben Cover-Schätze auf Youtube

- VON OLIVER BURWIG

Rauchige Saxophontö­ne schmiegen sich an ein E-Piano, der trockene Klang von Jazzbesen auf dem Schlagzeug­becken gibt den Takt. Es dauert ein paar Sekunden, bis sich der Aha-Effekt einstellt. Was der Amerikaner Scott Bradlee da aus dem orchestral­en Intro-Lied von „Game Of Thrones“macht, ist technisch brillant, doch es entfaltet erst seine volle Wirkung, wenn man er-

kennt, was hier eigentlich gespielt wird. Auf seinem Youtube-Kanal „Postmodern Jukebox“veröffentl­icht der 35-Jährige Videos von Songs, die er in einer meist historisch­en Spielart covert. Heraus kommen Stücke, die das ursprüngli­che nicht nur in einen Überzug stopfen, sondern neu sind. Sein „Game of Thrones“-Video haben mehr als 4,6 Millionen Menschen gesehen.

Bradlee ist nur einer von vielen Musikern, die mit Cover-Videos einen viralen Trend bilden. Zu den er-

folgreichs­ten gehört das Multitalen­t Leo Moracchiol­i. Der Youtuber, der auf seinem Kanal „Frog Leap Studios“Popsongs in eine Metal-Version umschmiede­t, hat auf Youtube 2,4 Millionen Abonnenten. Sämtliche Instrument­e spielt er selbst. So sieht man den langhaarig­en jungen Mann zu Lady Gagas „Pokerface“enthusiast­isch mit Gitarre herumsprin­gen, während seine Stimme in einer klaren und einer tiefen, gepressten Version – per Studiotech­nik übereinand­ergelegt – zu hören

ist. Ganz ausgezeich­net funktionie­rt das bei Miley Cyrus’ „Wrecking Ball“, dem der Norweger mit dem italienisc­hen Namen eine Portion Melancholi­e extra einflößt. Beeindruck­ende 18 Alben gibt es bereits zu kaufen, auch der Gitarrenhe­rsteller Chapman ist auf Moracchiol­i aufmerksam geworden – und hat ihn sich als Werbefigur gesichert.

Den umgekehrte­n Weg geht Rob Scallon (1,3 Millionen Abonnenten). Der Gitarrist nimmt sich brachiale Lieder von Metallica, Iron

Maiden und Slipknot vor und spielt sie auf dem Banjo, begleitet von Kontrabass und klappernde­n Löffeln. Scallon hat eine ansteckend­e Spielfreud­e und großes Talent am Instrument. Genauso Peter Bence, der Film- und Popmusik von Michael Jackson bis Justin Timberlake auf das Klavier überträgt, mehr als 400.000 Abonnenten bei Laune hält und derzeit auf Welttourne­e ist – eine Karriere, die dem „schnellste­n Pianisten der Welt“(GuinnessBu­ch) ohne das Internet wohl ver-

wehrt geblieben wäre.

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