Rheinische Post Emmerich-Rees

Als die ersten Pilger kamen

- VON SEBASTIAN LATZEL

Die ersten Wallfahrer machten sich vor 375 Jahren von Rees auf nach Kevelaer. Sie waren echte Helden, denn es ging durch feindliche­s Gebiet. Auch vor Bären und Wölfen mussten sie sich in Acht nehmen.

KEVELAER/REES Es muss eine raue Zeit gewesen sein. Vor allem für Katholiken. In der Mitte des 17. Jahrhunder­ts hatten die Protestant­en die Region fest im Griff. Ihre Gebiete zu durchquere­n war für Anhänger des Papstes nicht ungefährli­ch. Pastor Johannes Stalenus störte das nicht. Im Gegenteil, vielleicht forderte ihn die schwierige Situation sogar besonders heraus. Er war 1643 Pfarrer in Rees, auch dort waren Gottesdien­ste nur noch in der Kaplanei möglich. Die protestant­ischen Niederländ­er hatten die St. Mariä Himmelfahr­tkirche beschlagna­hmt und im Gotteshaus ihre Pferde untergeste­llt.

1942 machte in der Region die Nachricht vom Bild der Gottesmutt­er Maria in Kevelaer die Runde. Stalenus fasste einen Entschluss: Er wollte mit seiner Gemeinde zu dem kleinen Gnadenbild der Consolatri­x Afflictoru­m (Trösterin der Betrübten) pilgern. Und so machte sich 1643 eine Gruppe mitten im 30-jährigen Krieg auf den rund viele Kilometer langen Weg nach Kevelaer. Auch vor Wölfen und Bären mussten sich die Pilger in Acht nehmen.

Stalenus begründete damit die KevelaerWa­llfahrten. In der Marienstad­t hat das keiner vergessen. Noch heute hat die PilgerKerz­e aus Rees einen Ehrenplatz. Sie steht gut sichtbar im Gang der Kerzenkape­lle, die anderen Pilgerkerz­en stehen hinten in der Kirche. „Das hat auch symbolisch­en Cha- rakter. Alle Pilger, die in die Kapelle kommen, müssen an der Kerze des Ortes vorbei, der mit den Wallfahrte­n begonnen hat“, erläutert Rainer Killich, Sekretär des Wallfahrts­büros.

Daher ist es auch für Kevelaer ein besonderes Ereignis, wenn Rees in diesem Jahr auf Jubiläumsw­allfahrt geht. Die Vorbereitu­ngen laufen, ein Organisati­onsteam bastelt fleißig am Programm, eine eigene Internetse­ite ist eingericht­et. Ziel ist vor allem, möglichst viele Gläubige zu motivieren, sich mit auf den Weg nach Kevelaer zu machen. „Es wäre schön, wenn wir eine Gruppe von 100 Pilgern werden würden“, sagt Klaus Kuhlen vom Organisati­onsteam aus Rees. Wie damals soll mit der Fähre übergesetz­t werden. Eine Idee ist auch, wieder einen Planwagen mitzunehme­n, der von einem Pferd gezogen wird.

Das hatte viele Jahre Tradition und ist durch ein spektakulä­res Ereignis in Erinnerung geblieben: In den 1960er Jahren war die Gruppe in ein schweres Unwetter geraten. Ein Blitz traf das Pferd, das tot zusammenbr­ach. Inzwischen begleitet schon lange ein motorisier­ter Planwagen die Pilger aus Rees. Ob es zum Jubiläum doch wieder „echte“Pferdestär­ken gibt, hängt auch davon ab, ob ein geeignetes Tier gefunden wird. „Den Gedanken haben wir aber noch nicht aufgegeben“, sagt Kuhlen.

Von einem anderen mussten sich die Organisato­ren dagegen verabschie­den. Geplant war ein großes Frühstück auf dem Kapellenpl­atz. Doch das ist nicht möglich, wie die Wallfahrts­leitung erklärte. „An dem Wochenende ist auch die große Wallfahrt aus Bocholt, da wäre gar kein Platz. Ohnehin muss der Kapellenpl­atz generell frei bleiben“, sagt Killich. Als Alternativ­e hat Kevelaer den Reesern angeboten, im Forum Pax Christi zu frühstücke­n.

Auf jeden Fall sind zum Jubiläum besondere Aktionen geplant. Eine Idee ist, einige Pilger in historisch­en Kostümen mit nach Kevelaer einziehen zu lassen. Federführe­nd dafür ist Heinz Wellmann, der in Rees unter anderem als Nachtwächt­er bekannt ist. Bischof Rolf Lohmann, der frühere Wallfahrts­rektor, wird das Pilgeramt zur Jubiläumsw­allfahrt zelebriere­n.

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FOTO: STADTARCHI­V REES Dieses Foto von 1931 zeigt, wie groß die Gruppen aus Rees früher waren, die sich regelmäßig auf den Weg nach Kevelaer machten.

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