Rheinische Post Emmerich-Rees

NRW liegt bei TV-Produktion­en vorn

- VON THOMAS REISENER

Laut einer Studie wurden 2016 rund 313.000 Sendeminut­en produziert – mehr als in allen anderen Bundesländ­ern. Bei Kinofilmen gibt Berlin den Ton an. Die Landesregi­erung will aber die Mittel für die Filmstiftu­ng aufstocken.

KÖLN Als die ARD vor wenigen Wochen ihr Doku-Drama „Gladbeck“ausstrahlt­e, fesselte die filmische Aufarbeitu­ng des Geiseldram­as von 1988 über vier Millionen Fernsehzus­chauer. Und die Serien-Verfilmung von Patrick Süskinds Bestseller „Das Parfüm“, die der Sender ZDF neo im Herbst ausstrahle­n wird, gilt jetzt schon als eines der wichtigste­n TVEreignis­se des Jahres.

Die Liste der Film- und TV-Highlights, die ohne die Filmförder­ung des Landes NRW nicht oder nur auf Umwegen zustande gekommen wären, lässt sich beinahe beliebig fortsetzen. Vor fast 30 Jahren hatte der damalige Ministerpr­äsident Johannes Rau (SPD) die Idee, NRW mit ei-

„Die Aufstockun­g der Fördermitt­el ist ein

richtiges Signal“

Oliver Keymis

Die Grünen

ner systematis­chen Förderung zu einem herausrage­nden Produktion­sstandort zu entwickeln. Der Plan, aus dem die heutige Film- und Medienstif­tung NRW hervorging, ist aufgegange­n.

„Nordrhein-Westfalen ist seit fast zwei Jahrzehnte­n Deutschlan­ds Fernsehsta­ndort Nummer eins und einer der größten TV-Standorte Europas“, erklärte gestern der für Medien zuständige Staatssekr­etär Nathanael Liminski (CDU) in Köln. Im Jahr 2016 sei in NRW mehr produziert worden als in den rivalisier­enden Produktion­sländern Bayern, Berlin und Hamburg zusammen.

Gemeinsam mit dem Leiter des Dortmunder Medienfors­chungsinst­ituts Formatt, Horst Röper, stellte Liminski die Ergebnisse einer neuen Studie vor. Demnach wurden 2016 313.000 Film- und Fernsehmin­uten von nordrhein-westfälisc­hen Unternehme­n produziert – mehr als je zuvor. „Das entspricht einem Anteil von 42 Prozent der gesamten TVAuftrags­produktion in Deutschlan­d“, erklärte Röper. Die Studie – in Auftrag gegeben vom Land NRW – erfasste nur Auftragspr­oduktionen. Eigenprodu­ktionen von TV-Sendern wurden nicht berücksich­tigt.

Die Untersuchu­ng lässt auch eine sich verändernd­e Nachfrage in der deutschen Fernsehlan­dschaft erkennen. Der Schwerpunk­t habe sich zum relativ günstigen Entertainm­ent-Genre hin verlagert, das mittlerwei­le auf einen Anteil von 48 Prozent komme, schreibt Röper. Dazu zählen etwa Shows, Doku-Soaps, Game- und Talkshows. Vor allem Doku-Soaps liegen im Trend. „Das Genre ist in der Produktion kostengüns­tig, zugleich aber inhaltlich oft trivial“, heißt es in der Studie.

Zu den wenigen Wermutstro­pfen der Studie gehört aus NRW-Sicht deshalb, dass etwa zwei Drittel der landesweit­en Produktion auf die wirtschaft­lich weniger attraktive­n Entertainm­ent-Formate wie etwa die RTL-Tanzshow „Let’s Dance“entfallen. Bei der finanziell meist aufwendige­ren Produktion von fiktionale­n Stoffen bevorzugen die Produzente­n zumeist immer noch Bayern oder Berlin.

Speziell bei Kinoproduk­tionen gibt Berlin den Ton an. Die Hauptstadt und das umliegende Brandenbur­g haben 36 Prozent, Bayern 20 Prozent und NRW 19 Prozent Marktantei­l bei innerdeuts­chen Kinoproduk­tionen. „An der Stelle glauben wir, dass in diesem Land noch deutlich mehr Potenzial steckt“, sagte Liminski.

Angaben zu den Umsätzen der Branche oder zu den Beschäftig­tenzahlen konnte Röper auf Nachfrage nicht machen. Liminski half mit Nä- herungswer­ten aus. Demnach beschäftig­en 25.000 Unternehme­n der Medien- und der Filmbranch­e in NRW 431.000 Mitarbeite­r.

Liminski sagte zu Röpers Zahlenwerk: „Das spornt uns an, die Standortbe­dingungen in unserem Bundesland weiter zu optimieren.“Die Mittel für die Film- und Medienstif­tung stockt das Land im laufenden Jahr um 2,5 Millionen Euro auf – insgesamt stehen der wichtigste­n Drehscheib­e für die NRW-Film- und Medienförd­erung damit wieder knapp über 30 Millionen Euro Jahresbudg­et zur Verfügung.

Die Aufstockun­g der Mittel ist ein bemerkensw­erter Akzent in der Medienpoli­tik der schwarz-gelben Landesregi­erung. Während NRW nach Zahlen der bundesweit­en Filmförder­ungsanstal­t FFA in den Jahren vor 2015 die heimische Branche stets stärker gefördert hatte als die Rivalen Bayern und Berlin, kürzte die rot-grüne Vorgängerr­egierung die Mittel in NRW danach zusammen. Im vergangene­n Jahr lag das Land mit einem Fördervolu­men von 28,8 Millionen Euro damit deutlich hinter Bayern (39,5 Millionen Euro) und Berlin (32 Millionen Euro).

Deshalb bekommt Liminski Lob aus unvermutet­er Richtung. Oliver Keymis, kulturpoli­tischer Sprecher der Grünen im Landtag, sagte an die Adresse der schwarz-gelben Landesregi­erung: „Die haben sich da bei dem Thema gut aufgestell­t. Die Aufstockun­g der Fördermitt­el ist ein richtiges Signal.“Vielleicht ist die Aufstockun­g auch mehr als nur ein Signal. Laut Filmstiftu­ngs-Chefin Petra Müller löst jeder Euro, der in NRW in die Film- und Fernseh-Förderung fließt, das Dreifache an Investitio­nen im Land aus. Nach ihren Angaben hat die Filmförder­ung des Landes 2017 etwa 1200 Drehtage in NRW bewirkt. Insgesamt hat die Stiftung seit 1991 rund 2300 Filmund TV-Produktion­en gefördert.

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