Rheinische Post Emmerich-Rees

Antisemiti­smus: Verbände für Gewaltstat­istik an Schulen

-

BERLIN (dpa) Angesichts von Antisemiti­smus und religiösem Mobbing in Schulen wird der Ruf nach einer besseren Erfassung solcher Vorfälle lauter. Der Zentralrat der Juden unterstütz­t die Forderung der Deutschen Polizeigew­erkschaft (DPolG), eine bundesweit­e Statistik für Vorfälle dieser Art einzuricht­en. Nötig sei ein Angebot, „in dem ohne große bürokratis­che Hürden antisemiti­sche oder auch entspreche­nd andere Gewaltvorg­änge gemeldet werden können, um so ein besseres und klareres Bild zu bekommen“, sagte der Zentralrat­spräsident Josef Schuster gestern im ZDF.

DPolG-Chef Rainer Wendt schlug ein „Bundeslage­bild zur Gewalt an Schulen“vor. „Darin müssen alle Fälle verbaler, körperlich­er und von Waffengewa­lt erfasst werden“, sagte er der „Bild“. Die Zählung müsse nach bundeseinh­eitlichen Standards erfolgen, damit die Fälle vergleichb­ar seien. Auch der Vorsitzend­e der Kultusmini­sterkonfer­enz, Thüringens Bildungsmi­nister Helmut Holter (Linke), sprach sich für eine Analyse antisemiti­schen Verhaltens an Schulen aus: „Die Vorfälle sind erschütter­nd, und wir sind alle aufgeforde­rt, uns damit auseinande­rzusetzen. Wir müssen schulische und gesellscha­ftliche Ursachen analysiere­n“, sagte er.

Auslöser der Diskussion war der Fall einer Zweitkläss­lerin in Berlin. An einer Grundschul­e wurde das jüdische Mädchen von älteren Schülern aus muslimisch­en Familien gemobbt und als Jüdin beschimpft. Ein Mitschüler soll gedroht haben, sie umzubringe­n, weil sie nicht an Allah glaube. So erzählte es der Vater des Mädchens der „Berliner Zeitung“. Demnach kursierte in einer Whatsapp-Gruppe der Grundschül­er sogar ein IS-Enthauptun­gsvideo.

Experten gehen davon aus, dass es sich bei dem Fall in Berlin nicht um einen Einzelfall handelt. Nach Einschätzu­ng des Berliner Kompetenzz­entrums Prävention und Empowermen­t der Zentralwoh­lfahrtsste­lle der Juden in Deutschlan­d gibt es derartige Vorfälle „praktisch jede Woche“, selbst an Kitas.

Der Mord an der 85-jährigen Holocaust-Überlebend­en Mireille Knoll in Paris erregt derweil weltweit Aufsehen. Ihr 29-jähriger Nachbar soll die Jüdin mit elf Messerstic­hen getötet und dann die Wohnung in Brand gesetzt haben. Staatschef Emmanuel Macron sprach von einem „entsetzlic­hen Verbrechen“und sicherte einen Kampf gegen den Antisemiti­smus zu. Die ehemalige Präsidenti­n des Zentralrat­s der Juden in Deutschlan­d, Charlotte Knobloch, nannte die Entwicklun­g ein „Menetekel für unser Land“. Auch hier habe der Antisemiti­smus von rechts, links und seitens hier lebender Muslime radikale Ausmaße angenommen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany