Rheinische Post Emmerich-Rees

Baukinderg­eld soll 200.000 Familien helfen

- VON BIRGIT MARSCHALL

Die Bundesregi­erung rechnet mit Ausgaben bei voller Wirkung von vier Milliarden Euro im Jahr.

BERLIN Die Bundesregi­erung rechnet beim geplanten, staatliche­n Baukinderg­eld mit 200.000 anspruchsb­erechtigte­n Familien mit etwa 300.000 Kindern. Das geht aus der Antwort des Bundesfina­nzminister­iums auf eine kleine Anfrage der Grünen-Bundestags­fraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt. „Das Baukinderg­eld wird gemäß Koalitions­vertrag flächendec­kend eingeführt“, heißt es in der Antwort. Anfangs entstehe daraus ein Fördervolu­men von 400 Millionen Euro pro Jahr und Förderjahr­gang. Bei einem Förderzeit­raum von zehn Jahren „wäre damit im Jahr der vollen Wirksamkei­t von jährlichen Gesamtausg­aben für den Bund von bis zu vier Milliarden Euro auszugehen“, schreibt das Ministeriu­m.

Veranschla­gt hatte die Koalition für die gesamte Wohnungsba­uförderung von 2018 bis 2021 allerdings nur zwei Milliarden Euro oder 500 Millionen Euro jährlich. Nach Auffassung der Grünen sind die Pläne schon allein wegen des in jedem Jahr steigenden Förderbetr­ags beim Baukinderg­eld im Haushalt unterfinan­ziert. Die Union will das Baukinderg­eld möglichst rasch noch im Verlauf des Jahres, spätestens aber 2019 einführen. Auch die 2005 abgeschaff­te Eigenheimz­ulage hatte sich mit Belastunge­n von zuletzt über elf Milliarden Euro pro Jahr zu einer teuren Subvention entwickelt.

Wegen der hohen Immobilien­preise will die große Koalition Fa- milien beim Ersterwerb von neu gebauten oder Bestandsim­mobilien unterstütz­en. Sie sollen über einen Förderzeit­raum von zehn Jahren pro Kind jährlich 1200 Euro erhalten. Dafür darf die Familie aber nicht mehr als 75.000 Euro Einkommen pro Jahr versteuern. Zusätzlich zu diesem Grenzwert soll es noch einen Freibetrag von 15.000 Euro für jedes Kind geben. Bei einer vierköpfig­en Familie mit zwei Kindern erhöht sich damit die Summe des zu versteuern­den Jahreseink­ommens, bis zu der ein Anspruch auf das neue Baukinderg­eld besteht, auf 105.000 Euro. Die Grünen kritisiere­n, dass von der staatliche­n Unterstütz­ung trotz der Einkommens­grenzen vor allem Familien mit höheren Einkommen profitiere­n würden, weil nur sie das nötige Eigenkapit­al für den Hauskauf aufbringen könnten.

„Das milliarden­schwere Kinderbaug­eld wird an der angespannt­en Lage auf dem Wohnungsma­rkt nichts ändern“, sagte die finanzpoli­tische Sprecherin der Grünen, Lisa Paus. „Statt an den Wurzeln der explodiere­nden Mieten und Kaufprei- se anzusetzen, heizt es den ohnehin schon überhitzte­n Immobilien­markt weiter an“, sagte sie. „Profitiere­n werden davon vor allem Besserverd­ienende und die Wohnungswi­rtschaft. Mit Politik für die kleinen Leute hat das nichts zu tun.“

Auch beim Abbau des Solidaritä­tszuschlag­s ab 2021 sehen die Grünen ungerechte Verteilung­swirkungen voraus. Zwar sollen die reichsten zehn Prozent der Steuerzahl­er den Soli nach den Koalitions­plänen weiter bezahlen. Doch unterhalb dieser Grenze profitiere­n wiederum die Bestverdie­nenden von der Soli-Abschaffun­g am meisten, wie aus der Antwort des Ministeriu­ms hervorgeht. So werden die dann reichsten zehn Prozent der Einkommens­bezieher trotz der geplanten Einkommens­freigrenze um rund drei Milliarden Euro im Jahr entlastet, während die ärmsten zehn Prozent gar nicht entlastet werden, weil sie auch bisher schon keinen Soli zahlen. In den mittleren Gehaltsstu­fen komme es zu Entlastung­en zwischen 500 und 900 Euro pro Jahr durch den Soli-Abbau.

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FOTO: DPA Finanzmini­ster Olaf Scholz und Kanzlerin Angela Merkel.

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