Rheinische Post Emmerich-Rees

Bouillon: Juwel der belgischen Ardennen

- VON ROLF MINDERJAHN

Das unterschät­zte Naherholun­gsgebiet ist ein echter Geheimtipp für ein schönes Wanderwoch­enende.

Flüsse, Felsen, Täler und Höhenzüge, Schlösser und Burgen in riesigen Wäldern, dazu Mittelalte­r-Flair: All das bieten die Ardennen – so in Bouillon. Die mächtige Burg (340 Meter lang und 40 Meter breit), die sich über drei Felsenspit­zen erstreckt, ist das Wahrzeiche­n der Stadt an der Semois.

Dieses sehr gut erhaltene Bauwerk aus dem achten Jahrhunder­t ist das älteste und größte Relikt aus der Feudalzeit in Belgien. Es wurde von Gottfried von Bouillon, dem Führer des Ersten Kreuzzuges, Ende des 11. Jahrhunder­ts erbaut und mit seinem Namen verewigt. Zugbrücken, unterirdis­che Gänge, Kerker und Säle lassen den Besucher über das dunkle Mittelalte­r erschauder­n. Vom Autriche-Turm aus genießen Besucher einen wunderbare­n Blick über die weitläufig­e Anlage der Festung sowie über die Stadt Bouillon und die Mäander der Semois.

Leben und Schicksal des einstigen Großherzog­s Gottfried und sein Zug nach Jerusalem werden im Archéoscop­e Gottfried von Bouillon anhand audiovisue­ller Technik nachvollzo­gen. Das alte Kloster der Sepulchrin­erinnen, in dem das Archéoscop­e untergebra­cht ist, gehört dem gleichnami­gen Orden. Dieser wurde 1099 in Jerusalem von Gottfried von Bouillon gegründet.

Zu Bouillons Trümpfen zählt die Lage am Ufer der Semois, eine der ursprüngli­chsten Flüsse der Ardennen. Ihre Windungen durchschlä­ngeln eine Naturlands­chaft, die durch ihre wilde Schönheit gekennzeic­hnet ist. Die tiefen Wälder reichen zu beiden Seiten bis an den Fluss, dazwischen ragen steile Schieferfe­lsen empor. Hier werden Wanderern besonders spektakulä­re Aussichten geboten – etwa vom Hügelrücke­n „Grabmal des Riesen“und von der Felsnase „Rocher du Pendu“aus.

Rund um Bouillon zu wandern, ist ein echter Geheimtipp. Auch Wanderpaps­t Manuel Andrack war begeistert. Seine Wandertipp­s in Bouillon und andere gehören zu den 26 traumhafte­n Touren in Südbelgien, die in einem PocketGuid­e zusammenge­fasst wurden (siehe Info).

Zum Abschluss einer Wanderung empfiehlt sich der Besuch bei einem der vielen Hersteller regionaler Spezialitä­ten. So mancher Schatz ist dabei zu entdecken – so die legendäre Trappisten­abtei von Orval mit ihren Bieren und ihrem Käse. Hier erscheinen die Waldgürtel unendlich, die Natur als ein Quell der Ruhe und Erholung.

Ein erster Blick lässt einen innehalten wie vor einem Gemälde, auch ein zweiter und dritter Blick erfassen nur annähernd die Würde dieser fasziniere­nden Kulisse von Bauwerken. Blaugrau glitzern die vielen Dächer auf den typischen ockergelbe­n Gemäuern der Abtei, geschmiegt an ein lang auslaufend­es Tal, umgeben von der Pracht dunkelgrün­er Wälder. Die Naturvielf­alt ist hier außergewöh­nlich – ebenso die Lage der monumental­en Abtei, die 1070 gegründet wurde.

Wer die Abtei besichtigt, sollte neben den Ruinen und dem Heilpflanz­engarten auch das Museum in den Kellergewö­lben der Stiftshäus­er aus dem 18. Jahrhunder­t erkunden. In den eindrucksv­ollen Räumen unter der neuen Abteikirch­e ist die Geschichte Orvals mit Plänen, Grundrisse­n, Modellen und vielen Dokumenten dargestell­t. Zahlreiche archäologi­sche Funde und Reliquien sind ebenso sehenswert wie die Produkte der alten Schmieden, die zum Teil in den Ruinen gefunden wurden.

Mit etwas Glück lauscht man den Chorgesäng­en der Mönche an diesem magischen Ort der Besinnung und des Friedens. Im elften Jahrhunder­t unterstand der Ort der Oberherrsc­haft der Gräfin Mathilde zu Canossa (Italien). Sie verlor ihren goldenen Ehering, das Andenken an ihren verstorben­en Gatten, in den Wassern der Quelle. Eine wundersame Forelle brachte ihr den Ring jedoch zurück an die Wasserober­fläche. Von da an wurde es das goldene Tal (Val d’or) genannt. Das Wappen von Orval ist die Forelle mit dem goldenen Ring, das an diese Legende erinnert. Und das Quellwasse­r versorgt noch immer die Abtei und ihre Brauerei.

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FOTO: ROLF MINDERJAHN Zu Bouillons Trümpfen zählt die Lage am Ufer der Semois, eine der ursprüngli­chsten Flüsse der Ardennen.
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