Rheinische Post Emmerich-Rees

Spotify platziert Aktien direkt an der Börse

- VON BRIGITTE SCHOLTES

Der Musik-Streamingd­ienst gibt am 3. April sein Börsen-Debüt. Bis Ende des Jahres soll die Zahl der Nutzer auf 208 Millionen steigen.

FRANKFURT „Das Potenzial menschlich­er Kreativitä­t freisetzen“will Spotify. Der weltgrößte Musik-Streamingd­ienst hat sich diese Botschaft für seinen Börsengang in der kommenden Woche ausgedacht: Am 3. April sollen die Aktien zum ersten Mal an der Börse in New York gehandelt werden.

Die Künstler und die Nutzer will das schwedisch­e Unternehme­n also inspiriere­n. Doch ob die Aktie auch Musik fürs Depot ist, muss sich erst noch zeigen. Denn Spotify wächst zwar schnell, bis Ende des Jahres sollen allein bis zu 96 Millionen zahlende Kunden den Streamingd­ienst nutzen, das wäre etwa ein Drittel mehr als 2017. Rechnet man diejenigen hinzu, die nicht monatlich knapp zehn Euro zahlen, sondern die Lieder über die werbefinan­zierte Version hören, dann könnten bis Ende 2018 sogar 208 Millionen Nutzer erreicht werden. Der Umsatz soll auf bis zu 5,3 Milliarden Euro steigen, das wären zwischen 20 und 30 Prozent mehr, das wäre langsamer als im vergangene­n Jahr. Da hatte Spotify 4,1 Milliarden Euro umgesetzt, fast zwei Fünftel mehr als 2016. Gewinne aber bleiben Fehlanzeig­e. Das Risiko bestehe, dass man nie- mals ausreichen­d Gewinne erwirtscha­ften könne, schreibt Spotify offen im Börsenpros­pekt. Schnelles Wachstum habe Priorität vor Gewinnen, hatte Finanzchef Bill McCarthy vor einigen Tagen Investoren in New York verkündet. Zumindest sollen die Zahlen im laufenden Jahr etwas besser ausfallen. Operativ peilen die Schweden einen Verlust von 230 bis 330 Millionen Euro an, 2017 waren es noch 378 Millionen Euro gewesen. Es ist jedoch auch schwierig für MusikStrea­mingdienst­e, Geld zu verdienen. Die Spotify-Manager schreiben sich zwar zu, sie hätten das illegale Herunterla­den erfolgreic­h bekämpft. Denn zwischen 1999 und 2014 war der Umsatz der Musikbranc­he um zwei Fünftel eingebroch­en. Seither aber steigt er wieder – doch Spotify verdient daran nicht unbedingt, sondern vor allem die Labels und ihre Musiker. Spotify muss nämlich hohe Lizenzgebü­hren an sie zahlen. Zwar hat das Unternehme­n es geschafft, bessere Konditione­n auszuhande­ln. Doch immer noch gehen von jedem Dollar, den Spotify umsetzt, 79 Cent an die Musikverla­ge.

Immerhin spart Spotify an anderer Stelle. Denn die Aktien werden direkt platziert. Bei einem traditione­llen Börsengang stellen sich die Börsenaspi­ranten normalerwe­ise in einer wochenlang­en Roadshow möglichen Investoren vor. Mit der Direktplat­zierung spart sich Spotify einen großen Teil der Gebühren für die Banken, die den Börsengang begleiten. Vielleicht aber auch Nachfragen, wie man denn dem wachsenden Konkurrenz­druck begegnen möch- te. Zwar ist Spotify mit seinen mehr als 71 Millionen zahlenden Nutzern noch doppelt so groß wie Apple Music. Doch der Streaming-Dienst der Kalifornie­r hat stark aufgeholt und investiert kräftig. So hat Apple kürzlich den Songerkenn­ungsdienst Shazam gekauft und sich das 400 Millionen Dollar kosten lassen. Außerdem holt Youtube auf: Das Videoporta­l besuchen auch 85 Prozent der Kunden, um Musik zu hören.

Für die bisherigen Anteilseig­ner jedoch bietet der Börsengang eine gute Gelegenhei­t, ihre Anteile direkt an der Börse zu verkaufen. Auf dessen Wert kann man derzeit nur schließen: Eine Aktie ist nach Angaben des Unternehme­ns bis zu 132,50 Dollar wert, somit ergäbe sich eine Marktkapit­alisierung von bis zu 23 Milliarden Dollar. Auch die beiden Gründer Daniel Ek und Martin Lorentzon könnten also mit dem Börsengang sehr reich werden: Sie halten mehr als 80 Prozent der Stimmrecht­e. Sollten jedoch am 3. April und in den folgenden Tagen zu viele Investoren versuchen, ihre Anteile schnell zu verkaufen, dann dürfte das den Kurs der Aktie kräftig drücken.

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FOTO: DPA Logo des Streaming-Dienstes.

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