Rheinische Post Emmerich-Rees

Kanada bekommt die größte Marihuana-Plantage der Welt

- VON DAGMAR HILDEBRAND

Ab dem 1. Juli ist der Cannabis-Konsum legal. Die Droge soll dann in großen Mengen auch unter staatliche­r Aufsicht produziert werden.

VANCOUVER Die Hochsicher­heitsanlag­e in Langley vor den Toren von Vancouver an der kanadische­n Pazifikküs­te ist eine verbotene Zone. An den Metallgitt­erzäunen mit sehr viel Stacheldra­ht hängen Überwachun­gskameras. Fotografie­ren ist verboten, Polizisten fahren Streife, und die wenigen Ein- und Ausgänge der Anlage darf man nur nach genauer Überprüfun­g passieren: Willkommen in der größten Marihuana-Plantage der Welt.

Hinter den Zäunen sind auf einer Grundfläch­e von mehr als 100.000 Quadratmet­ern endlose Reihen von Gebäuden mit kleinen Lüftungssc­hlitzen erkennbar. Im Inneren der Gebäude ist Platz für 350.000 Mari- huana-Pflanzen. Über ihnen sind gigantisch­e Lampen und Wärmestrah­ler angebracht, die mehr Strom verbrauche­n als die Bewohner einer kompletten Großstadt. Immerhin, der Strom kommt aus Wasserkraf­t.

„Wir sind eine staatlich genehmigte und überprüfte Anlage“, erklärt Jordan Sinclair, Sprecher von „Canopy Growth“. Die Firma ist der Betreiber der Anlage, deren Aktien durch die Decke gehen, seitdem die Regierung in Ottawa die Legalisier­ung von Hasch angekündig­t hat.

„Vorher haben wir hier mit sehr viel weniger Sicherheit­svorkehrun­gen ganz ordinär Gemüse angebaut“, sagt Sinclair. Das wird jetzt aus den benachbart­en USA importiert, die Cannabis-Produktion ist lukrativer. Unlängst wurden mit ei- nem Frachtflug­zeug 100.000 kleine Hanfpflänz­chen aus einer staatlich reglementi­erten Zuchtstati­on in der Nähe von Ottawa nach Vancouver geflogen. Und von dort in gepanzerte­n Transporte­rn unter Polizeisch­utz nach Langley gebracht. Zum Verhindern von Selbstbedi­enung.

Im späten Frühjahr sollen die Sträucher erntereif sein. Gerade rechtzeiti­g zur geplanten großen Cannabis-Freiheit am 1. Juli. Pro Jahr sollen mehr als 40 Tonnen geerntet werden. Aber die erwartete Nachfrage im ganzen Land kann die Anlage in Langley nicht befriedige­n. Deshalb soll in den kommenden Monaten ganz in der Nähe eine noch größere Plantage entstehen.

Hasch aus den staatlich regulierte­n Anlagen soll im Gegensatz zum ebenfalls künftig legalen Privatanba­u frei von schädliche­n Pflanzensc­hutzmittel­n sein und einen genau eingehalte­nen Gehalt an THC haben – also jener Substanz, die den Rauch verursacht. Aber auch die parlamenta­rischen Befürworte­r der Freigabe räumen ein, dass Cannabis-Konsum natürlich nicht so gesund sei wie Spinat-Verzehr.

Die Regierung wird deshalb ab Herbst auch regelmäßig Proben aus den Abwässern von 20 kanadische­n Städten und Bezirken untersuche­n lassen. In denen lassen sich die von Konsumente­n ausgeschie­denen Spuren von THC und anderen Stoffen nachweisen. Damit wollen die Wissenscha­ftler hochrechne­n, wie viel Cannabis im Land konsumiert wird und ob die Freigabere­gelung möglicherw­eise doch wieder etwas eingeengt werden muss.

Auch sonst ist die kanadische Haschfreih­eit nicht grenzenlos. Polizeibeh­örden im ganzen Land schaffen derzeit Messgeräte für Verkehrsko­ntrollen an. Denn in Kanada wird Fahruntüch­tigkeit durch Cannabis genauso eingestuft und bestraft wie Trunkenhei­t am Steuer. „Verkehrsop­fern und auch uns ist doch völlig gleichgült­ig, ob jemand bekifft oder besoffen ist“, erklärte ein Sprecher der Royal Canadian Mounted Police: „Freiheit hat auch etwas mit Verantwort­ung zu tun.“

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