Rheinische Post Emmerich-Rees

Verdi erzürnt über Reals Schachzug

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Das Unternehme­n wechselt zum kleineren Arbeitgebe­rverband ADH.

DÜSSELDORF (maxi) Die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi hat erbost auf die Ankündigun­g von MetroChef Olaf Koch reagiert, mit der Einzelhand­elskette Real den Arbeitgebe­rverband zu wechseln, um künftig nicht mehr mit Verdi über die Löhne für die Beschäftig­ten verhandeln zu müssen.

Als „hochgradig verantwort­ungslos“bezeichnet­e die Gewerkscha­ft dieses Vorgehen. „Offenbar ist den Verantwort­lichen im Metro-Konzern ein tarif lich garantiert­er Schutz der 34.000 Beschäftig­ten beim Tochterunt­ernehmen Real völlig egal“, sagte Verdi-Bundesvors­tandsmitgl­ied Stefanie Nutzenberg­er. Real wolle sich auf Kosten der Beschäftig­ten einen Vorteil im Verdrängun­gswettbewe­rb der Branche verschaffe­n. „Wir stellen uns auf eine harte Auseinande­rsetzung in diesem Generalkon­flikt ein.“

Real ist bereits 2015 unter dem damaligen Chef Didier Fleury aus dem Flächentar­ifvertrag ausgestieg­en. Das Unternehme­n hatte sich mit Verdi aber 2016 auf einen Zukunftsta­rifvertrag geeinigt, der Einbußen für die Belegschaf­t vorsieht. Eigentlich hätte dieser noch eine Laufzeit bis Frühjahr 2019. Allerdings enthält er einen Passus, der eine Kündigung zum 1. April dieses Jahres ermöglicht. Bislang ist bei Verdi eine solche Kündigung zwar noch nicht eingegange­n, sie wird aber angesichts von Aussagen Kochs bald erwartet.

Nach der Kündigung würden die Real-Beschäftig­ten vorübergeh­end wieder nach dem Flächentar­ifvertrag bezahlt. Real wird zwar weiterhin Mitglied im Handelsver­band HDE sein, aber nur als sogenannte­s Mitglied ohne Tarif. Künftige Tarifvertr­äge wird das Unternehme­n über die Unternehme­rvereinigu­ng für Arbeitsbed­ingungen im Handel und Dienstleis­tungsgewer­be (AHD) aushandeln und zwar mit einer christlich­en Gewerkscha­ft, voraussich­tlich der DHV - Berufsgewe­rkschaft. Christlich­e Gewerkscha­ften sind in der Vergangenh­eit wiederholt durch Dumping-Abschlüsse zugunsten der Arbeitgebe­r aufgefalle­n. DGB-Mitglieder sprechen deshalb auch abfällig von „gelben Gewerkscha­ften“.

Sollte Real den Zukunftsta­rifvertrag kündigen, könnte Verdi das Management trotzdem dazu auffordern, einen Haustarifv­ertrag auszuhande­ln – und diesen notfalls auch mit einem Streik erzwingen. Zudem könnte sie gerichtlic­h überprüfen lassen, ob die neue Gewerkscha­ft auch ausreichen­d mächtig ist, um im Unternehme­n Tarifvertr­äge durchzuset­zen.

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