Rheinische Post Emmerich-Rees

„Pension Schöller“als Revue

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

Das Theater Oberhausen inszeniert das bekannte Boulevard-Stück.

OBERHAUSEN Für die Geschwiste­r Aino und Martin Laberenz war ihre Zusammenar­beit an „Pension Schöller“im Theater Oberhausen auch eine künstleris­che Heimkehr: Die Kostümbild­nerin Aino Laberenz war mit dem 2010 verstorben­en Künstler Christoph Schlingens­ief verheirate­t, der aus Oberhausen stammt und in seinen letzten Jahren wieder vermehrt im Ruhrgebiet gearbeitet hat. Ihr jüngerer Bruder Martin hat als Regieassis­tent am Schauspiel­haus Bochum erste Theaterluf­t geschnuppe­rt, wurde stark beeinfluss­t von Jürgen Kruse, der dort unter Intendant Leander Haußmann Hausregiss­eur war.

Mehr als ein Hauch von Jürgen Kruses Rock’n’Roll-Theater durchweht nun auch seine Inszenieru­ng des altdeutsch­en Schwanks von 1890. „Pension Schöller“ist seit jeher ein beliebtes Bühnenstüc­k – allerdings eher im Boulevard-Bereich. Große Erfolge feierte es in Filmen mit Theo Lingen, Harald Juhnke oder Willy Millowitsc­h. Doch was hat das alles mit einer post-postmodern­en Gegenwart zu tun, mit der Utopie eines interkultu­rellen, hierarchie­freien Theaters, die Florian Fiedler für seine Intendanz in Oberhausen ausgegeben hat?

Diese Fragen bleibt Martin Laberenz schuldig, der zwar viele Ideen hat, den alten Stoff aufzubrech­en. Allerdings fehlt dem Abend ein tragendes Konzept. Er beginnt mit einer amüsanten Nummernrev­ue, stellt die skurrilen Typen vor, die in der Pension Schöller logieren: Torsten Bauer darf als Major ordentlich Cognac kippen und Christian Bayer als Kellner schikanier­en. Ronja Oppelt gesellt sich als Schwester des Protagonis­ten Philipp Klapproth dazu und assistiert ihrer Tochter Ayana Goldstein beim Durchdrehe­n. Zu diesem Zeitpunkt hat die Liveband, in der mit Jan Klare einer der besten Jazz-Saxophonis­ten sitzt, auf Fahrstuhl-Modus geschaltet.

Wenn die eigentlich­e Geschichte um den Gutsbesitz­er Philipp Klapproth (mit ordentlich­em Einsatz von Ensemble-Star Jürgen Sarkiss gespielt) einsetzt, der unbedingt eine Irrenansta­lt von innen erleben will, von seinem Neffen aber in die „normale“Pension Schöller geführt wird, spult sich altmodisch­es Theater ab. Die Inszenieru­ng setzt zum einen auf Verwirrung­en, Verwechslu­ngen und Wortwitz der Vorlage, zum anderen auf Kniffe aus dem Rock’n’Roll-Regietheat­er der 1990er-Jahre: Die Band spielt „After Dark“von Tito & Tarantula, und an der Rampe kopuliert im Halbdunkel ein nacktes Pärchen.

Wenigstens gibt das Drehbühnen­bild von Peter Schickart keine Türen her, die auf- und zuschlagen. Vielmehr stürzt der sich immer weiter öffnende Raum von der Komödie in eine angedeutet­e Tragödie und mit Philipp Klapproth in den delirieren­den Wahnsinn.

Der Applaus fällt dann nach zu langen knapp drei Stunden mager aus. Info Termine: 8., 11. und 28. April; Kartentele­fon: 0208 8578184

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FOTO: AKG „Eva“, um 1528 gemalt von Lucas Cranach (1472-1553).

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