Rheinische Post Emmerich-Rees

Mit Pudding betäubt und ausgeraubt

- VON VERENA KENSBOCK

Zwei Frauen und ein Mann aus Kleve sollen einem 93-jährigen Emmericher 12.000 Euro geraubt haben. Vor dem Landgerich­t Kleve verstricke­n sich die Angeklagte­n in Widersprüc­he und schieben sich gegenseiti­g die Schuld zu.

KLEVE/EMMERICH Als der 93-Jährige am frühen Morgen des 27. September aufwachte, war ihm klar, dass das Geld weg ist. Denn der Schlüssel, den er immer sorgsam am Hosenbund trägt, steckte im Schloss der Kinderzimm­ertür. Das berichtet der Emmericher gestern vor dem Klever Landgerich­t. Zwei Frauen 93-Jähriger aus Emmerich über den

Pudding mit Betäubungs­mitteln und ein Mann aus Kleve sind angeklagt, den Senior mit Pudding betäubt und ausgeraubt zu haben.

Auf der Anklageban­k sitzt eine 48Jährige, Kurzhaarfr­isur, weiße Bluse, Trenchcoat. Mit einer Mappe schützt sie sich vor den Kameras. Die Kleverin, die zuletzt als Bürokauffr­au gearbeitet hat, wird an diesem Tag nicht aussagen. Sie soll es gewesen sein, die den Plan geschmiede­t und den Pudding mit Betäubungs­mitteln präpariert hat. Zumindest, wenn man die anderen beiden Angeklagte­n fragt – eine 38Jährige und einen 54-Jährigen aus der Schwanenst­adt. Beide geben zu, an der Tat beteiligt gewesen zu sein, allerdings nur als Nebenfigur­en.

In dem verschloss­enen Kinderzimm­er in der Emmericher Wohnung lagerten die Ersparniss­e des 93-Jährigen. Wie hoch die Summe genau war, weiß der ältere Mann nicht. 12.000 Euro, mehr oder weni- ger. Für seinen Haushalt suchte der Emmericher Hilfe. „Suche liebe Frau mit Auto“, schrieb er dazu in mehreren Zeitungsan­noncen. „Ich war einfach ein Pechvogel“, sagt der 93-Jährige vor Gericht. Mehreren Aussagen zufolge soll sich die 48Jährige daraufhin mit dem Emmericher getroffen haben. Er half ihr mit 6000 Euro für die Reparatur ihres Autos aus. Und er zeigte ihr offenbar sein Geldverste­ck in dem verschloss­enen Raum.

Wie lange sich die Angeklagte­n schon kennen, ist nicht klar. Sie machen in allen Fragen widersprüc­hliche Aussagen: Wer hatte die Idee? Wer hat den Pudding vorbereite­t? Wer hat wieviel Geld bekommen? Klar ist aber, dass sich die drei im September vergangene­n Jahres gemeinsam in das Auto der 48-Jährigen gesetzt haben und Richtung Emmerich gefahren sind. Dort hat die andere Angeklagte, eine 38 Jahre alte Kleverin, den Senior in seiner Wohnung besucht. Der alte Mann wurde zwei Tage zuvor von ihrem Telefon aus kontaktier­t und das Treffen verabredet.

Vor Gericht sagt die 38-Jährige, nichts vom Betäubungs­mittel gewusst zu haben. Sie wollte warten, bis der Emmericher einschläft, und dann das Geld mitnehmen. Die Kleverin habe nie eine Ausbildung gemacht, sei arbeitslos. Das Jugendamt habe ihr ein Kind weggenomme­n. Für ihre jüngere Tochter und ihre Heroinsuch­t brauchte sie Geld. Nach drei Tagen auf Amphetamin­en habe sie den Plan und den Pudding nicht hinterfrag­t. Die 48-Jährige wartete im Auto, mit dem anderen Angeklagte­n – einem 54 Jahre alten Alkoholike­r, der bereits mehrfach straffälli­g geworden ist.

Der 93-Jährige empfängt die Fremde, unterhält sich mehrere Stunden mit ihr. Als sie ihm das Glas mit Pudding anbietet, lehnt er nicht ab. „Es hat echt schlecht geschmeckt, nicht süß, nicht sauer. Aber ich wollte galant sein und habe aufgegesse­n“, sagt der 93-Jährige. Kurze Zeit später wird ihm schummerig, die Frau begleitet ihn zum Bett. Am Morgen sind die Ersparniss­e, 8500 tschechisc­he Kronen sowie ein Portemonna­ie mit 200 Euro, und EC-Karte verschwund­en. Später hebt eine Person mit Motorradhe­lm in Kleve weitere 2000 Euro ab.

Über die Telefondat­en und durch einen Facebook-Post ermittelt die Polizei die Angeklagte­n. Denn ein Bekannter hatte die 38-jährige Angeklagte auf dem Blaulicht-Report verlinkt, den die Klever Polizei in dem sozialen Netzwerk geteilt hatte. Bei Wohnungsdu­rchsuchung­en finden die Beamten Bargeld, Portemonna­ie und den Motorradhe­lm.

Bis zum Ende des Verhandlun­gstags war nicht klar, wer den Plan entwickelt und den Pudding zubereitet hat. Die Polizistin, die nach den Festnahmen im Oktober die Verhöre geleitet hat, formuliert es so: „Jeder der Angeklagte­n erzählt den Teil der Wahrheit, der ihm am besten passt.“Der Prozess wird am 9. April vor dem Klever Landgerich­t fortgesetz­t.

„Es hat nicht süß geschmeckt, nicht sauer. Ich wollte galant sein und habe aufgegesse­n“

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FOTO: MARKUS VAN OFFERN Der 54-jährige Angeklagte aus Kleve wird in Handschell­en in den Gerichtssa­al geführt.

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