„Ich möchte noch eine Liga höher spielen“
Der 27-jährige Handballer des abstiegsbedrohten Oberligisten HSG Wesel liebäugelt mit einem Wechsel zum MTV Rheinwacht Dinslaken.
NIEDERRHEIN Fabian Gorris, 27-jähriger Rückraumspieler des Handball-Oberligisten HSG Wesel, glaubt trotz der prekären Tabellensituation an den Klassenverbleib seiner Mannschaft. Unabhängig davon aber scheint sein Wechsel zum MTV Rheinwacht Dinslaken bereits beschlossene Sache zu sein. Im Interview erklärt er, warum ein Wechsel für ihn in Frage kommt. Die HSG Wesel muss um den Klassenverbleib zittern. Doch nach dem Sieg gegen Überruhr am vergangenen Wochenende gibt es wieder neue Hoffnung, oder? FABIAN GORRIS Ja, es herrscht in der Mannschaft gerade so etwas wie Aufbruchsstimmung. Wir hatten über die gesamte Saison arge Probleme, aber wir haben uns vor zwei Wochen zusammengesetzt und wollen nun alles geben, um in der Oberliga zu bleiben. Noch ist die Chance da. Wir leben noch und werden alle daran ziehen, dass es gelingt. Am Sonntag steht mit der Heimpartie gegen den LTV Wuppertal das nächste Endspiel auf dem Programm. Was muss passieren, um zwei weitere Punkte auf das Konto der HSG verbuchen zu können? GORRIS Eigentlich müssen wir nur unsere Leistung abrufen. Dann haben wir immer die Chance auf einen Sieg. Die Oberliga ist derart ausgeglichen, dass wirklich jeder jeden schlagen kann. Leider haben wir zu selten das gezeigt, was wir können. Das hat aber viele Gründe. Welche denn? GORRIS Wir hatten zu Beginn der Saison zahlreiche Abgänge zu verkraften. Die Mannschaft wurde neu zusammengesetzt, so dass wir uns erst finden mussten. Auch, weil nun andere Spieler plötzlich in der Verantwortung standen. Und dann hatten wir ein wirklich unglaubliches Verletzungspech. Ich selbst war gefühlt die halbe Spielzeit verletzt. Ständig tat irgendetwas weh, und dann ist die Leistung nicht so wie er- hofft. Zu allem Überfluss fiel dann auch noch Niklas Weghaus aus beruflichen Gründen komplett aus. Das konnten wir in der vergangenen Saison mit einem breiten Kader noch alles kompensieren. Diesmal aber nicht. Das Minimalziel – der zwölfte Tabellenplatz – ist mit nur einem Punkt Rückstand noch in Reichweite. Unter Umständen aber wird dieser Platz nicht ausreichen. Das ist für Außen- stehende nicht ganz leicht nachzuvollziehen. Können Sie das aufklären? GORRIS Es ist ein wenig vertrackt, aber um es in diesem Fall konkret zu machen: Sollten der TV Rheinbach und der Weidener TV aus der Regionalliga Nordrhein absteigen, dann reicht uns der zwölfte Platz. Sollte sich Rheinbach retten, müssen wir Elfter werden. Unser Rückstand beträgt derzeit vier Punkte. Das ist also nicht unmöglich. Unabhängig vom Ausgang der Spielzeit steht die HSG Wesel vor einem Umbruch. Trainer Sven Esser wird den Verein verlassen, aber auch Sie tragen sich mit Abwanderungsgedanken. Wie konkret ist das? GORRIS Das ist sehr konkret. Der MTV Rheinwacht Dinslaken und ich sind uns einig, dass ich im Falle des Aufstiegs wechseln werde. Es war immer ein Traum von mir, eine Liga höher spielen zu können. Und da wäre ich schön blöd, wenn ich das Angebot nicht annähme, wenngleich ich mich bei der HSG stets sehr wohl gefühlt habe. Aber die höhere Liga würde ich schon gern mitnehmen und mit Dinslaken eine richtig gute Saison hinlegen. Und gern auch noch zwei, drei weitere Spielzeiten. Das ist das Ziel. Was bedeutet das für die HSG Wesel? GORRIS Noch ist die Saison nicht zu Ende. Ich glaube fest daran, dass Wesel in der Oberliga bleibt. Sollte ich wechseln, muss die HSG personell nachlegen. Teammanager Christian Weber ist ein guter Mann im Klub, der seine Kontakte in der Szene nutzen und mit dem neuen Coach Jan Mittelsdorf sicher einen starken Kader zusammenstellen wird. Jan Mittelsdorf ist ideal für den Neuaufbau. Er arbeitet sehr gut mit jungen Spielern und kann sie weiterentwickeln. Und wenn Dinslaken nicht aufsteigt und Wesel den Klassenerhalt sichert? Wäre das ein Szenario, das Sie zum Umdenken veranlassen würde? GORRIS Das wäre theoretisch möglich. Sie sind Gymnasiallehrer in Wesel. Wie schwierig ist es für Sie, Sport und Job unter einen Hut zu bringen? GORRIS Das ist unterschiedlich. Ich habe auch schon Trainingseinheiten berufsbedingt ausfallen lassen müssen. Als Sportlehrer könnten Sie doch Werbung für den Handballsport betreiben und Nachwuchs akquirieren. GORRIS Das betrachte ich schon als meine Aufgabe. Im vergangenen Jahr habe ich eine Handball-AG ins Leben gerufen, die ich langfristig etablieren möchte. Und natürlich hoffe ich, dass das irgendwann auch der HSG zugutekommt. Sie wohnen in Wesel, sind sogar hier geboren. Da muss Ihr Herz doch für die HSG schlagen. GORRIS Das tut es auch, natürlich. Aber ich habe schon in meiner Jugend für Dinslaken gespielt. Insofern gibt es auch dort eine tiefe persönliche Verbindung. Dinslaken ist, wenn man so will, meine zweite sportliche Heimat. Was werden Sie bei einem Abschied von der HSG am meisten vermissen? GORRIS Ganz klar, die Teamkollegen. Mit denen bin ich nun über Jahre zusammengewachsen. Das alles wird mir sicher fehlen.