Rheinische Post Emmerich-Rees

Ein Tritt in den Gips

- VON LAURA HARLOS

Babybäuche sind das Hobby von Katja van Bentum. Die 46-Jährige nimmt Gipsabdrüc­ke und fertigt aus ihnen wahre Kunstwerke. Viele Kundinnen schicken ihr selbst gemachte Abdrücke auch per Post, damit sie die Stücke verschöner­t.

KREIS KLEVE Den ein oder anderen Tritt muss Katja van Bentum in Kauf nehmen, während sie arbeitet. Denn viele Babys machen sich bemerkbar, wenn sie die warmen Gipsbinden auf den Bauch der Mutter klebt. So gefällt es auch dem Ungeborene­n von Carolina Binnenböse gar nicht, um zehn Uhr am Morgen schon gestört zu werden. „Wenn du jetzt auf den Bauch drückst, fängt es wieder an“, sagt

Katja van Bentum die werdende Mutter. Nur mit den Fingerspit­zen legt van Bentum die weiße Binde über dem Baunabel an die Haut an.

Die 46-Jährige fertigt Gipsabdrüc­ke von Schwangers­chaftsbäuc­hen und verarbeite­t sie zu echten Kunstwerke­n. Ihr Arbeitspla­tz ist ihr Wohnzimmer. Für die nächste Kundin ist bereits alles vorbereite­t. Ein Stück Abdeckvlie­s schützt den Boden. Der Esstisch erinnert auf den ersten Blick an einen OP-Tisch: Blaues Tuch, zahlreiche Gips-Rollen, eine Schere und eine Schüssel mit warmem Wasser. Operiert wird hier natürlich aber niemand.

Binnenböse zieht für den Abdruck ihr T-Shirt und ihren BH aus. „Ich kann auch nur den Bauch gipsen“, sagt van Bentum. „Manche Kundinnen wollen aber sogar bis zu den Schultern, das ist deutlich mehr Arbeit.“Der reine Abdruck dauert rund 45 Minuten. Zunächst cremt die gelernte Einzelhand­elskauffra­u den Bauch mit Vaseline ein, damit sich der getrocknet­e Gips besser löst. Schließlic­h wolle man auf eine Enthaarung verzichten, sagt sie augenzwink­ernd. Anschließe­nd werden die zehn Zentimeter langen Bindenstüc­ke ins Wasser getaucht und auf die Haut geklebt. Nach einer guten halben Stunde ist die dritte Schicht aufgetrage­n. Nun muss die Form noch fünf bis zehn Minuten trocknen, das Model während der ganzen Arbeit stehen. Binnenböse atmet tief durch. Sie ist in der 37. Schwangers­chaftswoch­e. Ob es ein Junge oder Mädchen wird, weiß sie noch nicht. Sie lässt sich überrasche­n und nennt ihren Bauch „Ü-Ei“. Ein Abdruck lohne sich erst ab der 33. Woche, rät van Bentum. „Dann sind die Rundungen sehr schön.“Hin und wieder könne man auch im Abdruck kleinen Beulen erkennen – ein Tritt vom Baby. „Manche Kundinnen schaffen es nicht mehr zum Termin, weil der Nachwuchs sich dazu entschiede­n hat, früher als geplant zu kommen“, sagt die zweifache Mutter. Während der Arbeit sei aber noch nie eine Fruchtblas­e geplatzt.

Seit gut zwei Jahren fertigt Katja van Bentum die Kunstwerke vom Babybauch, rund 100 Stück hat sie bisher hergestell­t. Alles begann mit einem Gipsabdruc­k bei einer Freundin. „Ich habe ihr geholfen und wollte unbedingt mehr daraus machen“, erinnert sich van Bentum. An einem Abdruck arbeitet sie in der Regel zwei Wochen. Da wird gespachtel­t, geschliffe­n und anschließe­nd lackiert.

Der Renner unter den Gipsabdrüc­ken sind Modelle in Gold, Silber und Kupfer. „Diese Varianten sind zeitlos“, sagt van Bentum. Im Schnitt kostet ihre Arbeit 150 Euro, mit Luft nach unten und oben. Teurer wird es bei Beklebunge­n mit Folie. Dabei werden Motive auf den Gipsabdruc­k geklebt. Auch Fotos und Ultraschal­lbilder sind als Verzierung gefragt. Aufträge kommen mitunter aus Hamburg, Düsseldorf oder auch Österreich. Die Kunden schicken rohe Abdrücke mit der Post, van Bentum soll sie weitervera­rbeiten.

Carolina Binnenböse hat sich für ein Sternenmot­iv entschiede­n. Einen Abdruck von ihrer ersten Schwangers­chaft hat die 31-Jährige auch mitgebrach­t. Den haben sie und ihr Mann vor drei Jahren in Eigenregie angefertig­t.

„Manche Kundinnen schaffen es nicht, weil der Nachwuchs sich dazu entschiede­n hat,

früher zu kommen“

Gips-Künstlerin

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RP-FOTO: VAN OFFERN „Jeder Bauch ist einzigarti­g “, sagt Katja van Bentum. Für Carolina Binnenböse macht sie einen Gipsabdruc­k.

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