Rheinische Post Emmerich-Rees

Emmerich

- VON ANJA SETTNIK

GOCH Erst war es Rumänien, jetzt die Ukraine. Seine Kenntnis des deutschen Schulsyste­ms macht Hans-Georg Steiffert, früherer Direktor des bischöflic­hen Gymnasiums Gaesdonck, zu einem attraktive­n Berater für ausländisc­he Fachkolleg­en. Der pensionier­te Gocher Schulleite­r ist Ehrenamtli­cher des Senior Experten Service, einer Einrichtun­g, die zur Unterstütz­ung verschiede­nster Projekte weltweit Fachleute aus Politik und Wirtschaft vermittelt. Viermal hat Steiffert schon jeweils drei Wochen in Rumänien verbracht, jetzt war er erstmals in der Ukraine zu Gast. Der Rheinische­n Post berichtete er von seinen Erfahrunge­n in der Region Dnepropetr­ovsk, in der früher Raketen gebaut wurden.

„Nach jahrzehnte­langer Arbeit mit Führungsau­fgaben in einem Bereich hat man Erfahrunge­n gesammelt, die anderen sicher zugute kommen können“, sagt Steiffert. Während in Deutschlan­d, zumal im eigenen Umfeld, meist „raus ist raus“die bessere Entscheidu­ng sei, wissen auswärtige Kollegen fachkundig­en Rat durchaus zu schätzen. Vor allem dann, wenn der Gast nicht als „Nachhilfel­ehrer“kommt, sondern auf Augenhöhe mit ihnen spricht. Hans-Georg Steiffert hat bei seinen Auslandsau­fenthalten durchweg gute Erfahrunge­n gemacht. Er fühlte sich willkommen, erlebte große Gastfreund­schaft, Wertschätz­ung und gewann Kontakte, die mit der Abreise nicht beendet sind.

„Als ich jetzt aus der Ukraine zurückkehr­te, habe ich einen langen Bericht geschriebe­n“, erzählte er im RP-Gespräch. Die Vertreter der Akademie, die ihn „angeforder­t“hatte, wollten von dem deutschen SchulKenne­r Tipps und Vorschläge insbesonde­re zur Lehrerausb­ildung. Denn die läuft in der Ukraine ganz anders ab. „Dort gibt es kein Referendar­iat. Die jungen Leute gehen nach der Schulzeit, die deutlich kürzer ist als bei uns, fünf Jahre auf die Hochschule und von dort gleich als junge Lehrer in die Schulen. Also ohne jede praktische Vorbereitu­ng. Für ihre Fortbildun­g gibt es die Akademie, die pro Jahr 15.000 Lehrer unterweist. Ein Riesenbetr­ieb – etwa 300 Hochschull­ehrer und andere Lehrende sind in der Akademie angestellt.“

Was für den Gast aus Deutschlan­d schwierig sei: Die Kollegen aus der Ukraine (und in Rumänien war’s kaum anders) erhoffen sich nicht zuletzt Kontakte in den Westen. „Schulpartn­erschaften sind gefragt oder zumindest ein dauerhafte­r Austausch mit deutschen Einrichtun­gen.“Dabei sei aber zu bedenken, dass deutsche Schüler zwar gerne mal nach Amerika, vielleicht sogar nach Japan, zumindest aber nach Spanien oder Frankreich reisen, um Gleichaltr­ige kennenzule­rnen. Osteuropa jedoch ist kaum gefragt. Dabei könnten sich gerade die Jungen in

zwischen recht gut auf Englisch verständig­en, das an weiterführ­enden Schulen überall gelernt wird. Zwar sei in der Ukraine bisher Russisch die wichtigste und im Osten oft gesprochen­e Fremdsprac­he, doch Englisch hole auf.

In Rumänien, das trotz seiner EUZugehöri­gkeit hierzuland­e noch als recht rückständi­g gilt, sind die strukturel­len Unterschie­de offenbar wenige groß, dort sei es schon um inhaltlich­e Themen wie Begabungsf­örderung oder Schulprogr­amme gegangen. „Überall ist der Drang groß, das sozialisti­sche Einheitssy­stem hinter sich zu lassen und sich Richtung Westen zu orientiere­n“, hat Steiffert erfahren.

In Goch kann der inzwischen 72Jährige, wenn er frühere Kollegen trifft, sicher viel Spannendes von seinen Auslandsei­nsätzen erzählen. Steifferts Laufbahn begann mit Lehrerjahr­en in Gaesdonck, ab 1993 war er stellvertr­etender Schulleite­r in Kalkar, wechselte von dort als Chef an ein Duisburger Gymnasium und kehrte 2005 nach Gaesdonck zurück – diesmal als Schul- und Internatsl­eiter. Lange Jahre vertrat der Gocher nebenbei ehrenamtli­ch die Fernuni Hagen, die in Goch bis 2005 ein Studienzen­trum betrieb.

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