Rheinische Post Emmerich-Rees

Stürmische Zeiten im Koekkoek-Haus

- VON MATTHIAS GRASS

Ursula Geisselbre­cht-Capecki, die künstleris­che Leiterin des Malerpalai­s inmitten der Klever City, hat die ständige Sammlung der Stiftung neu eingericht­et. Spannend die Zeichnunge­n des Malerfürst­en und eine generöse Schenkung.

KLEVE Grau ist der Himmel über der alten Schlossrui­ne, die Wolken türmen sich. Ein Gewitter zieht auf, zumindest aber droht kräftiger Regen. Eine Gruppe Wanderer sucht bei einem Felsen an einer Biegung des Weges Schutz, ein Esel schleppt mit hängenden Ohren stur die Lasten. Die Ruine – Mittelpunk­t und Hintergrun­d zugleich – leuchtet hell in einem letzten Sonnenloch, bevor der Himmel sich restlos zuzieht. Es sind mächtige Gewölbe wie für die Ewigkeit geschaffen und doch schon ruinöse Vergangenh­eit, die sich dort hell in der Sonne zeigen. Eine einsame Wand mit leeren Fensterhöh­len malt sich gegen den dunklen Himmel ab, eine Gebäudeeck­e, vielleicht ein alter Turm, reckt sich nach oben. Der Rest ist völlig verfallen. Rechts im Bild zerzausen erste Sturmböen eine Birke, auch die anderen Bäume biegen sich bereits im auffrische­nden Wind. 1847 schuf Barend Cornelis Koekkoek dieses wunderbar lebendige Blatt. „Stürmische Landschaft mit Wanderern und einem Packesel“heißt die DINA-4 große Federzeich­nung, die mit Sepia, Grau und Braun laviert ist.

„Die Ruine lässt sich gut als eine freie Variante auf die Ruine der Burg Fels über dem Tal des Weißen Ernz in der Nähe vom Mersch in Luxemburg identifizi­eren“, schreibt Kleves ehemaliger Museumsdir­ektor Guido de Werd über das kleine Blatt, das als Schenkung in die Sammlung des Freundeskr­eises gekommen ist und im neuen Grafikschr­ank im Haus Koekkoek verwahrt wird. Es lohnt, dort die Schublade aufzuziehe­n und das feine Blatt kurz ans Tageslicht zu holen und sich in diese Landschaft zu versenken. Koekkoek arbeitete damals, so de Werd, im Auftrag des niederländ­ischen Königs Willem II. an seinem größten Projekt, einem Zyklus von neun luxemburgi­schen Landschaft­en. Diesem Zyklus hatte de Werd im Haus Koekkoek die große Ausstellun­g „Gemalt für den König“gewidmet.

Das Blatt ist eine Schenkung aus dem Hause Siegert. Walther Siegert leitete bis 1969 die Klever Elefantens­chuh-Fabrik und machte sie zur erfolgreic­hsten Kinderschu­hmarke in der Bundesrepu­blik. Er war eng mit der Kultur und Kleves erstem Museumsdir­ektor Friedrich Gorissen ver- bunden, sammelte selbst Gemälde aus der Klever Romantik.

Aus der Sammlung Siegert stammt auch ein Bild von Jan van Call, das die Nassaueral­lee in Kleve zeigt und vom Freundeskr­eis erworben werden konnte. Aufgrund des Engagement­s einer der Enkelinnen Siegerts, Annegret Stein, und der Tochter des Siegert-Sohnes Harald, Karoline Siegert-Hoxaj, kamen unter anderem die „Stürmische Landschaft“und ein kleines Ölgemälde von Johannes Warnardus Bilders, dem die jetzige künstleris­che Leiterin des Koekkoek-Hauses, Ursula Geisselbre­cht-Capecki kürzlich eine Ausstellun­g widmete, nach Kleve. Harald Siegert musste aus Altersgrün­den sein Haus in Rüschlikon oberhalb des Zürichsees aufgeben, wo de Werd diese beiden Bilder mit Bezug auf Kleve für den Freundeskr­eis auswählte. Beide Bilder sind in der neuen Einrichtun­g von Geisselbre­cht-Capecki im Haus Koekkoek zu sehen. „Wir zeigen auch wieder die romantisch­en Gemälde von Cornelis Lieste“, sagt Geisselbre­chtCapecki. Darunter die erst kürzlich erworbene Heidelands­chaft mit dem einsamen Wanderer vor grandioser Natur und untergehen­der Sonne. Und natürlich sind die Gemälde von Koekkoek zu sehen. Im Gartenzimm­er für die Zeichnunge­n sind auch Neuwerbung­en des Kirchenmal­ers Johannes Bosboom (1817-1898) ausgestell­t.

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