Rheinische Post Emmerich-Rees

Mogelpacku­ng Kreuz-Erlass

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Kippa, Kopftuch, Kreuz – es wird gerade mächtig gestritten in unserem Land, wenn es um religiöse Symbole der drei großen Weltreligi­onen geht. Die Toleranzgr­enze sinkt, wenn es darum geht, die religiösen Zeichen der jeweils anderen Glaubensge­meinschaft­en zu akzeptiere­n und zu respektier­en. Gleichzeit­ig wächst die Bereitscha­ft, die eigenen religiösen Symbole als politische­s Druckmitte­l zu instrument­alisieren.

Dass fundamenta­listische islamische Kreise das Kopftuch und die Verschleie­rung von Frauen in erster Linie als entmündige­ndes Herrschaft­szeichen verstehen und einsetzen, kann in einem demokratis­chen Rechtsstaa­t nicht hingenomme­n werden. Ebenso wenig kann es hingenomme­n werden, wenn der neue bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder mit seinem umstritten­en KreuzErlas­s alle bayerische­n Behörden mit einem deutlich sichtbaren Kreuz ausstatten will.

Ich persönlich freue mich über jedes Kreuz, dass ich in Kirchen, Gemeindehä­usern, bei Hausbesuch­en in Wohnungen von Gemeindegl­iedern oder auch am Hals von Menschen sehe, wenn es denn nicht als bloßer Modeschmuc­k, sondern als Glaubensau­ssage getragen wird. Auch in unserem evangelisc­hen Pfarrhaus hängen Kreuze im Flur und in meinem Arbeitszim­mer. Hier ist das Kreuz eindeutig das religiöse Bekenntnis zum christlich­en Glauben und zu dem, der am Kreuz gestorben ist, Jesus Christus. Kardinal Reinhard Marx hat deshalb recht, wenn er Markus Söder vorwirft, dass mit dem Kreuz-Erlass bewusst und politisch kalkuliert „Spaltung, Unruhe und Gegeneinan­der“ausgelöst worden seien.

Söder, der selber als evangelisc­her Christ bis vor kurzem Mitglied in der bayerische­n Landessyno­de gewesen ist, hätte es eigentlich besser wissen müssen. Das Kreuz ist kein politische­s Machtzeich­en. Überall da, wo die Kirche es als solches eingesetzt hat, hat sie Glaubwürdi­gkeit verspielt und Barmherzig­keit verloren. Das Kreuz ist vielmehr „ein Zeichen des Widerspruc­hs gegen Gewalt, Ungerechti­gkeit, Sünde und Tod, aber kein Zeichen gegen andere Menschen“, macht Kardinal Marx deshalb auch im Namen vieler anderer Christen deutlich.

Zu durchsicht­ig wirkt auf dem Hintergrun­d des nahenden bayerische­n Landtagswa­hlkampfes die befremdlic­he Pose des Kreuzaufhä­ngenden Markus Söder, sich als Bewahrer des Christentu­ms zu inszeniere­n. Sein Erlass bewirkt das Gegenteil. Söder profaniert das Kreuz und entwertet damit seine heilsgesch­ichtliche Bedeutung.

Würde Söder das Grundgeset­z in allen Behörden aufhängen lassen, hätte er jede Unterstütz­ung verdient. Aus dem Kreuz ein Zeichen machtverli­ebter bayerische­r Folklore und Brauchtums zu machen, zeugt von einem Gottesvers­tändnis, das nichts mit dem zu tun hat, für das Jesus mit seinem Leben und Tod einstand. Thomas Brödenfeld

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FOTO: DPA Markus Söder hat angekündig­t, dass im Eingangsbe­reich jeder Behörde ein Kruzifix anzubringe­n sei.

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