Großstadtfieber im Schlösschen
Gerade einmal 74 Fans wollten Robert Kreis sehen. Der Charmeur aus den Niederlanden begeisterte aber auch in intimer Atmosphäre.
EMMERICH (dk) Er müsse sich tüchtig anstrengen, wusste Robert Kreis. Der Kabarettist und Entertainer fragte sich: „Was ist in Emmerich los?“Wenn er sonst die Säle in den Metropolen bis hin zum Kuhdorf fülle, bescherte ihm die Rheinstadt bei seinem dritten Auftritt am Freitag gerade einmal 74 Fans.
Waren es etwa die Ferien im Nachbarland? Denn neben seinen Gästen, die bis aus Dortmund kamen, fliegen die Niederländer bekanntlich ebenfalls auf ihren Landsmann und sorgten bisher für volle Stuhlreihen im Stadttheater. Eine ganz „intime“Atmosphäre schafften Kultur-Chef Michael Rozendaal und Haustechniker Gideon de Graaff im Schlösschen Borghees.
Dort, wo das „Großstadtfieber“mit dem wohl derzeit bekanntesten rollenden „R“von Robert Kreis , jede Menge Songs der 1920er am Flügel und nicht zuletzt mit Witz und Charme über die Bühne ging. Näher dran ging es für die Fans des gebürtig aus Westjava stammenden Niederländers nicht. So sang Kreis eingangs Max Hansens „Es geht mir ausgezeichnet. Es geht mir fabelhaft, wunderbar. Ich mach mir immer selber Mut.“Von zu viel frischer Luft auf dem Land werde er krank: „Ich brauche Staubpartikel und Auspuffgase.“Und just war die Brücke zu seiner Lieblingsmetropole Berlin, in der der fast 69-Jährige seit zehn Jahren lebt, gebaut. Schließlich spielt die Hauptstadt die Hauptrolle im Bühnenprogramm „Großstadtfieber“.
Aber wer denkt, dass Robert Kreis nur in Erinnerungen an die 1920Jahre schwelgt, der wurde eines Besseren belehrt. Hier und da gab es mit runzelnder Stirn und eingezogenen und aufgeblasenen Mund- winkeln auch Seitenhiebe in die heutige Zeit: „Was sind das für Politiker. Das ist die Augsburger Puppenkiste.“
So bekam auch „der falsche Präsident auf falscher Position“namens Trump, Putin, Merkel oder die Schlabberlook-Jogginghosen-Fraktion auf den „eleganten“Kreuzfahrtschiffen ihr Fett ab. Kreis geriet musikalisch und textlich ins Schwärmen, als er vom „berühmten Berlin der 1920er Jahre der Texter, Komponisten, Literaten und Architekten“sprach.
Ein lautes „Oh“ging durch die Reihen der weiblichen Fans, als Robert Kreis elegant im Smoking und kerzengerade (anders als die Smartphone-Generation, die an „digitaler Demenz“leide) nach der Pause erschien. Lieder von Komiker Otto Reutter oder der Ungarin Irene Ambrus durften dabei nicht fehlen.
Stets gepaart mit flotten Sprüchen aus dem 20. Jahrhundert. Erst nach nicht endendem Applaus und auf dem Boden stampfenden Publikum tauchte Kreis zur Zugabe auf – - - und ließ sich mit „Ach, sie sind mir so bekannt – wo, wo hab‘ ich sie schon gesehen“des Wiener Klavierhumoristen Hermann Leopoldi feiern.